Sturmbergen
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 Die Vorgeschichte

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Hexenherz
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BeitragThema: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptySa 16 Jan 2016 - 14:22

Kapitel 1

Viktor

Rau war die See und immer wieder schlugen hohe Wellen über das Schiffsdeck. Die Männer arbeiteten schweigend, angstvoll, denn ihr Anführer hatte ihnen befohlen, Kurs auf eine kleine Insel zu nehmen. Doch der Seegang und die Klippen machten ein Anlegen unmöglich. Immer wieder sahen sie scheuen Blickes zu ihm hin.
Aber Viktor von Schattenfels stand am Bug des Schiffes, anscheinend unberührt von den Naturgewalten, und starrte in die Dämmerung.
2 Sommer war es nun her, seit einige von ihnen mit ihm zusammen von der Schwerterküste aufgebrochen waren. Gerüchte besagten, daß Viktor nach einem Streit mit seinem Vater, Duncan von Schattenfels, dessen Reich verlassen hatte. Doch so genau wusste dies niemand zu sagen.
Genauso gut war es möglich, daß Duncan, der sein Fürstentum mit eiserner Hand regierte, seinen Zweitgeborenen ausgeschickt hatte, um neue Reichtümer heranzuschaffen, die seine Position stärken würden.
Auf dem langen Marsch hatten sich viele Abenteurer angeschlossen, hoffend auf Reichtum und die Schätze der legendären Pirateninseln, die Viktor's Ziel waren. Nach vielen Monden der Entbehrungen hatten sie schliesslich das Meer der Sternschnuppen erreicht und in einer
kleinen Hafenstadt in Cormyr 3 Schiffe erstanden. Es waren gute, schnelle Schiffe, die sie in etwa 2 Wochen zu den Inseln bringen würden.
So hatten die Männer zumindest gehofft, als sie gut gelaunt den Proviant an Bord gebracht hatten, Dörrfleisch, Elfenbrot, Wasser und natürlich Rum.
Anfangs kamen sie gut voran und erreichten nach etwa 10 Tagen die Pirateninseln. Doch zumeist waren sie nicht mehr als Felsen, die aus dem Meer herausragten und so beschloss Viktor, weiterzusegeln.
Vor 3 Tagen nun war das Wetter umgeschlagen, grade als man eine geeignete Insel ausgemacht und umrundet hatte. Sie besass ausgedehnte Wälder, einen Gebirgszug im Norden und eine Bucht im Süden, wie geschaffen für Viktor's Vorhaben, an Land zu gehen. Doch daran war vorläufig nicht zu denken.
Für den Moment galt es, der See zu trotzen und das schlichte Leben der Besatzungen zu retten.
Doch auch das schlechteste Wetter währt nicht ewig und am 5. Tag gab Viktor von Schattenfels den Befehl, in die südliche Bucht zu segeln und dort zu ankern. Müde, erschöpfte und immer noch bleiche Männer kamen seiner Order nach, 2 Boote zu Wasser zu lassen und mit je 10 Männern zu besetzen.
Dann verschwand er in seiner Kabine.
Als er wieder zurückkehrte, waren ihm keinerlei Strapazen anzumerken. Das Gesicht sonnengebräunt, die schwarzen Haare zurückgekämmt, der Bart gestutzt, bot er das Bild eines Mannes, der grade eine Vergnügungsreise hinter sich gebracht hatte. Er trug ein ärmelloses Wams, die Hose und enganliegende Stiefel aus feinem Leder. Seine kräftigen Oberarme zierten feingearbeitete Spangen aus Silber und ebenso silberfarben war sein Umhang als Kontrast zu der
ansonsten schwarzen Kleidung. An der rechten Hand trug er einen Silberring, auffällig die Raubtierklaue die Buchstaben V und S umfassend.
Leutselig gab er den Männern an Bord die Erlaubnis, sich an den Vorräten und am Rum gütlich zu tun, glitt dann mit geschmeidigen Bewegungen hinab in eines der Boote und machte eine lässige Handbewegung auf die Bucht zu. Eilig kamen die Männer dieser Aufforderung nach und schon bald zogen sie die Boote an Land, froh, dem Ungeheuer See entkommen zu sein.
Feiner Sand knirschte unter ihren Stiefeln und die Sonne schien von einem wolkenlosen Himmel, als hätte es niemals einen Sturm gegeben. Viktor gab Anweisung, ein Lager aufzuschlagen und schickte 4 Männer los, die Umgebung zu erkunden und wenn möglich, mit einem Braten zurückzukehren. Als die Zelte aufgebaut und die Feuerstelle errichtet war, erlaubte er, daß ein Fässchen von dem mitgebrachten Rum angeschlagen wurde. Die Männer standen erwartungsvoll

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und mit glänzenden Augen Schlange und liessen sich gut einschenken. Tatsächlich kehrten die Kundschafter kurze Zeit später mit einem jungen Hirsch als Jagdbeute zurück. Schnell wurde das Tier zerlegt und schon bald zog ein Duft, der einem das Wasser im Munde zusammenlaufen liess, über den kleinen Strand.
Als es dämmerte, waren die Männer satt und zufrieden und viele von ihnen konnten die Augen nicht mehr aufhalten. Viktor, der dem Rum nicht zugesprochen hatte, teilte die Wachen für die Nacht ein. Dass er selbst die erste Wache übernahm und so den Männern die erhoffte Ruhe verschaffte, brachte ihm dankbare Blicke ein. Als einer der Männer, im Halbschlaf beinahe schon, vor sich hinmurmelte *Ich dachte, diesem Sturm entkommen wir nie und er wirft uns gegen die Berge* lachte Viktor leise auf *Dann lasst uns diese Insel Sturmbergen taufen*. Allgemeines Gelächter antwortete ihm und schon bald waren die ersten Schnarchgeräusche zu vernehmen. Viktor nahm auf einem Stück Treibholz Platz und starrte in die niederbrennenden Flammen. Die dunkle Hautfarbe
und die bernsteinfarbenen Augen, die im Licht der Flammen gelblich schimmerten, verliehen ihm ein leicht dämonisches Aussehen.
Als die Sonne am nächsten Morgen aufging, versprach es wiederum ein schöner Tag zu werden. Viktor liess Zelte, Kochgeschirr und Proviant so verpacken, daß jeder der Männer etwa die gleiche Last zu tragen hatte. 4 Männer vorausschickend ordnete er dann den Aufbruch nach Norden an.
Nach einigen Stunden erreichten sie einen Flusslauf und die Männer waren froh, sich erfrischen und auch ihre Wasservorräte auffüllen zu können. Auch die Laute der Tiere in der Umgebung klangen nicht bedrohlich, sondern eher nach Jagdbeute, sodaß die Männer gut gelaunt weiter ausschritten. In 2 Tagen kamen sie gut voran, doch dann bemerkten sie, daß es merklich kühler wurde. Der Wald wurde dichter und die Blätter der Bäume hatten ihre grüne Farbe gegen rotgolden eingetauscht.
Schweigend drangen sie weiter vor. Einige Stunden mussten vergangen sein, als einer der Männer anmerkte, daß die wohl im Kreis laufen würden. Er deutete auf den Fetzen eines Umhanges, den sich jemand abgerissen haben musste in dem Versuch, das Dickicht zu durchdringen. *Sobald wir eine Lichtung gefunden haben, werden wir rasten* mehr sagte Viktor nicht und die Männer folgten ihm, in der beginnenden Dämmerung stolpernd und fluchend.
Die Lichtung, die sie tatsächlich etwas später mit Hilfe eines der Kundschafter, der zu ihnen zurückgekehrt war, erreichten, schien von einem unwirklichen Leuchten erhellt. *Herr* er machte Viktor auf einen Monolithen aufmerksam, von dem das feine, grüne Leuchten auszugehen schien *da sind Schriftzeichen, die Ihr Euch einmal ansehen solltet.* Viktor nickte und besah sich den Monolithen. *Es sind wohl elfische Schriftzeichen, leider kann ich sie nicht entziffern*
er verzog unwirsch das Gesicht *Ist einer von Euch in der Lage?* Er schaute fragend in die Runde der Männer, die ihn begleiteten. Ein noch junger Mann trat vor *Vielleicht lasst Ihr mich es versuchen, Herr. Ich bin Rogan aus Alaghon. Dort wo ich geboren und aufgewachsen bin, gibt es eine elfische Siedlung und ich versuchte, ihre Sprache zu erlernen.* Viktor nickte nur knapp und der Junge trat vor den Monolithen, eine ganze Weile die Schriftzeichen betrachtend. *Ich bin nicht sicher* meinte er, als er sich wieder umwandte *aber es scheint mir eine Art Wegweiser zu sein. Ich kann die elfischen Wörter entziffern, die für Süd, Ost und Nord stehen.* Viktor schaute ihn mit zusammengekniffenen Augen an *Warum sollten die Elfen hier eine Art Wegweiser
positionieren?* *Verzeiht, Herr* der Junge trat eingeschüchtert einen Schritt zurück *ich kann leider mehr nicht entziffern.* Viktor machte eine herrische Handbewegung und Rogan mischte sich wieder unter die Männer, offensichtlich froh, der allgemeinen Aufmerksamkeit wieder zu entkommen.
*Nun gut, sei es wie es sei, wir werden hier rasten, allerdings mit doppelter Anzahl der Wachen und ohne Lagerfeuer. Baut die Zelte auf, aber so leise wie möglich.* Viktor hatte sich entschieden und ohne abzuwarten, ob seine Anweisung befolgt wurde, begann er mit dem Aufbau seines Nachtlagers.

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Die müden Bewegungen, mit denen die Männer am nächsten Morgen das Lager abbauen wollten, waren Zeuge dafür, daß wohl kaum einer von ihnen in dieser Nacht Ruhe gefunden hatte. Gerade als sie ihre Habseligkeiten verstauen wollten, ertönten Schreie aus Richtung Osten, die aber dann wieder abrupt verstummten. Viktor, der gerade einen Schluck Wasser hatte trinken wollen, liess den Trinkschlauch fallen und ergriff sein Schwert. Keinen Moment zu früh, denn durch das Unterholz brach ein riesenhaftes Wesen. Sein Fell war grau und borstig, die Augen rotleuchtend, die Hauer etwa von der Länge eines Armes. Mit Urgewalt durchbrach die Bestie das Lager und schleuderte 3 der vollkommen überraschten Männer in die Luft. Das Geschrei der Männer, die zu ihren Waffen griffen, vermischte sich mit ihren Schmerzensschreien, als sie hart wieder auf den Boden aufschlugen, aus mehreren Wunden blutend. Viktor fuhr herum und sah dem Ungeheuer nach, versuchte es dann auf sich aufmerksam zu machen, indem er immer wieder mit seinem Schwert gegen einen Baumstamm schlug. Die Bestie hielt inne und drehte sich
langsam um. Ihre Augen funkelten tückisch, dann senkte sie den Kopf und machte ein schnaubendes Geräusch. Nur kurz noch fuhr sie mit dem Vorderhuf durch das Laub, welches nach allen Seiten emporwirbelte, dann rannte sie auf Viktor los. Dessen Gesicht war zu einer Maske erstarrt, als das Ungeheuer auf ihn losstürmte, doch er blieb ruhig stehen. Erst als die Bestie zum Sprung ansetzte, liess er sich auf den Rücken fallen und schlitzte ihr den Bauch auf. Ein gurgelnder
Schmerzensschrei war zu vernehmen, dann stürzte das schwere Wesen zu Boden. Schnell sprang Viktor auf bereit nachzusetzen, falls nötig, doch das gigantische Tier rührte sich nicht mehr. Er trat hin zu dem Kadaver und besah ihn sich näher, auch einige der Männer kamen hinzu und schauten hin *Ein Schreckenseber* murmelte einer von ihnen *ein magisches Wesen.* Viktor fuhr herum und funkelte den Sprechenden an, sodaß dieser einige Schritte zurücktaumelte *Ich will von Magie nichts wissen, haltet Euer Mundwerk im Zaum.* Mit diesen Worten packte er seine Sachen auf *Wir werden dem Vorschlag unseres jungen Rogan folgen. Unser Weg führt nach Süden, Osten, dann nach Norden. Hoffentlich erkennen wir rechtzeitig, wann wir einen Richtungswechsel vornehmen müssen. Aber vorher begrabt die Toten, ich will nicht, daß noch andere Raubtiere angezogen werden.*
Schweigend hoben die Männer provisorische Gräber aus. Der Angriff des riesigen Ebers hatte 5 Opfer gefordert. Dann machten sie sich gemeinsam auf den Weg nach Süden.
Viktor's Befürchtungen, sie würden den Weg nicht erkennen, waren unbegründet. Wann immer sie einen Richtungswechsel vornehmen sollten, hatte die Natur dafür gesorgt, daß sie es tun mussten. Einen Tagesmarsch später erreichten sie müde einen kleinen See, von dem dichter Nebel aufstieg. Viele von ihnen hatten blutende Schrammen vom Weg durch das Dornendickicht. Viktor liess den Trupp anhalten und verschnaufen. Wiederum sandte er Späher aus. Viele der Männer sanken einfach nur am Ende ihrer Kraft auf den Boden, andere durchforsteten ihr Gepäck auf der Suche nach den letzten Rationen. Kaum ein Wort wurde gesprochen. Es schien eine Ewigkeit vergangen zu sein, als die Späher zurückkehrten. *Herr,* begann einer von ihnen mit einem Kopfnicken gen Viktor *wir haben einen Weg entdeckt, kaum mehr als ein Trampelpfad. Er ist schmal und unscheinbar und führt in ein Felsmassiv, welches bereits mit Schnee bedeckt ist.* Viktor hatte sich erhoben, als der Kundschafter zu sprechen begonnen hatte. Er sah ihn fragend an *Habt Ihr Spuren von Bewohnern entdeckt?* *Ja, Herr, wir fanden einen alten Schuppen, allerdings ist er so
verwittert, daß man nicht sagen kann, ob er noch genutzt wird.* Viktor nickte nur *Wir gehen weiter, führt uns zu diesem Pfad.* Auch die Männer hatten sich erhoben und folgten dann den Kundschaftern weiter nach Norden. Auf dem Weg zu dem Felsmassiv mussten sie eine Ebene überqueren, über welche ein eisiger Wind fegte.
Missmutig stapften die Männer voran, als es leicht zu schneien begann. *Weiter, Männer, wir werden das Gebirge in etwa einer Stunde erreicht haben.* einer der Kundschafter versuchte, ihnen Mut zuzusprechen. Noch bevor sie jedoch die Berge erreicht hatten, hatte sich das leichte Schneetreiben in einen Sturm verwandelt und sie erreichten mit letzter Kraft den erwähnten Zugang

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ins Gebirgsmassiv. *Die Insel ist wirklich für jede Überraschung gut und macht ihrem Namen alle
Ehre.* bemerkte einer der Männer sarkastisch.
Die nächste Überraschung liess dann auch nicht lange auf sich warten. Viktor hatte eine Fackel entzündet und schritt voran. Doch bereits nach kurzer Zeit sahen sie von vorn einen Lichtschein und hatten dann auch das Ende des Durchganges erreicht. Als sie wieder ins Freie traten, befanden sie sich in einem Talkessel, umgeben von hohen Bergen. Auch hier hatte es geschneit, doch schien die Sonne von einem beinahe wolkenlosen Himmel. Überrascht blinzelten sie in die Helligkeit und als ihre Augen sich gewöhnt hatten, sahen sie in der Ferne eine kleine Siedlung. Rauch stieg aus den Schornsteinen und sogar Stimmfetzen, Musik und Gelächter waren zu vernehmen, die der Wind über die Ebene zu ihnen trug.
*Soviel zu der Frage, ob die Insel bewohnt ist, lasst uns nachsehen, mit dem wir es zu tun bekommen. * Viktor machte den Männern Zeichen, ihm zu folgen. Sie schritten schnell, doch auch vorsichtig aus, immer zu den Seiten hin sichernd. Bald hatten sie die kleine Ansiedlung erreicht, in welcher offensichtlich eine Feier im Gange war, wohl der Grund dafür, daß man sie nicht früher bemerkt hatte. Erstaunte Rufe wurden laut, als ein Dorfbewohner die anderen auf die Ankömmlinge aufmerksam machte. Die Männer gingen nun langsamer, Viktor immer voran, die Hand am Schwertknauf. Als sie die Mitte des Dorfes beinahe erreicht hatten, kam ihnen ein Mann entgegen, etwas älter schon, doch seine Haltung drückte Autorität aus. *Mein Name ist Jokon* stellte er sich vor, eine Verbeugung andeutend. Er sprach die allgemein gebräuchliche Handelssprache mit einem leichten, harten Akzent, doch gut verständlich für Viktor und seine Männer. * Willkommen in Iysenfeld.*
„Mein Name ist Viktor von Schattenfels“ auch er stellte sich vor mit einem leichten Nicken des Kopfes. „Meine Männer und ich kommen in friedlicher Absicht.“ „Dann seid willkommen, es ist lange her, seit wir hier in Iysenfeld Besuch bekamen. Ruht Euch aus, esst und trinkt mit uns. Doch muss ich Euch bitten, die Waffen vor dem Dorf abzulegen.“ Jokon deutete auf einen kleinen Unterstand. Dann stand er ruhig da, offensichtlich abwartend, ob seiner Aufforderung Folge geleistet würde. Nur einen Moment zögerte Viktor, dann lachte er auf. „Natürlich, das verstehe ich.“ Er zog sein Schwert aus der Scheide und das kleine Jagdmesser aus der ledernen Halterung, die um seinen rechten Oberschenkel befestigt war und legte beide Waffen nieder. Die Männer beeilten sich, es ihm nachzutun und schauten dann begierig zum Dorfplatz, von woher der Wind ihnen den Geruch von Wildbret und frisch gebackenem Brot herübertrug.
Gemeinsam gingen sie dann zum Dorfplatz, wo sie von den Anwesenden verhalten aber doch freundlich begrüsst wurden. Jokon machte eine einladende Handbewegung und die Männer nahmen Platz im Kreise der Dorfbewohner. Schnell wurden sie von einigen Frauen mit Fleisch, frischem Brot, eingelegtem Kraut und Wein versorgt und sie begannen hungrig zu essen. Viktor zögerte noch einen Moment „Was gibt es denn zu feiern?“ wandte er sich leutselig an Jokon. „Wir feiern heute den Tag, an dem sich die Geburt meiner Tochter Candice zum 18. Male jährt.“ gab dieser bereitwillig Auskunft und deutete auf eine junge schwarzhaarige Frau, die neugierig zu ihnen herüberblickte. Ihr langes Haar war zu einem Zopf geflochten, gehalten von silbernen Spangen. Ihr Gewand war aus einem derben, weissen Stoff doch betonte es ihre schlanke Figur. Was Viktor sah, gefiel ihm offensichtlich, denn er lächelte erfreut. „Ein guter Grund zum Feiern.“ Dann begann er ebenfalls zu essen. Das Fleisch war gut gewürzt und schmeckte köstlich. Viktor ass betont langsam, wollte er doch vor den Gastgebern nicht wie ein ausgehungerter Wolf wirken. Zwischendurch trank er immer wieder einen Schluck Wein. Es war ein weisser Wein, leicht harzig im Geschmack, doch auch er mundete vorzüglich. Immer wieder sah er über den Rand seines Kelches zu der jungen Frau hin. Die bei ihrer Ankunft verstummte Musik hatte längst wieder eingesetzt und die Jugend des Dorfes tanzte, lachte und vergnügte sich. Viktor erfuhr von Jokon, daß es sich bei

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den Iysenfeldern um ein genügsames Völkchen handelte, Jäger und Sammler, das von dem lebte, was die Insel ihnen bot. Vor etwa 500 Jahren waren sie mit einem kleinen Schiff hier angekommen und hatten seither abgeschieden gelebt. Allerdings war es Brauch, daß die jungen Leute mit Erreichen des 18. Lebensjahres zum Festland segelten, um dort auf Brautschau zu gehen oder sich einen Gemahl zu suchen. Die meisten würden sogar zurückkehren, schloss Jokon schmunzelnd seinen Bericht. Viktor nickte verstehend und sah sich um. Die Iysenfelder machten alle einen gesunden, kräftigen Eindruck, keinesfalls degeneriert. Wieder blieb sein Blick an der jungen Candice hängen. Wenn Jokon es bemerkt hatte, so ging er doch nicht darauf ein. Eine Weile sassen sie schweigend, dann fragte Jokon unvermittelt „Und was genau wollt Ihr auf dieser Insel? Ihr seid ein edler Mann und begnügt Euch doch bestimmt nicht mit den Gegebenheiten hier.“ Viktor lachte auf „Mein Vater ist ein edler Mann, aber sein Reich ist weit entfernt. Ich verliess ihn, um mir ein eigenes Reich zu schaffen und diese Insel scheint mir dafür geeignet.“ Damit hatte er die Katze aus dem Sack gelassen und Jokon sah ihn erstaunt an. „Nun, wenn dem so ist, dann sollt Ihr einiges mehr wissen.“ Bei einem weiteren Becher Wein berichtete er von den Riesen im westlichen Ausläufer des Gebirges, von der Elfensiedlung an der Westküste, von scheusslichen Kreaturen in den östlichen Sümpfen. Viktor lauschte gespannt. „Und was ist mit der südlichen Bucht und dem umliegenden Gebiet? Beansprucht diesen Bereich jemand für sich?“ wollte er dann wissen. Jokon schüttelte den Kopf. „Nein. Die Riesen bleiben im Gebirge, wir lassen sie in Ruhe und sie uns. Ab und zu begegnen unsere Jäger mal den Elfen, aber auch wir respektieren gegenseitig unser Territorium.“ Jokons Ausführungen beinhalteten sowohl eine Information als auch eine Warnung und Viktor verstand es auch so. „Dann werden wir es ebenso halten.“ Er erhob sich dann. „Es ist spät geworden, seid Ihr in der Lage, uns ein Quartier anzubieten?“ Jokon stand ebenfalls auf. „Nun Ihr werdet verstehen, daß wir nicht auf Gäste eingerichtet sind, mehr als die Scheune kann ich Euch nicht für eine Übernachtung anbieten. Aber besser noch, als im Freien zu nächtigen.“ Viktor nickte zufrieden. Als Jokon ihn und seine Männer dann zu besagter Scheune führte, stellte er schmunzelnd fest, daß vor dem kleinen Schuppen, in welchem die Waffen deponiert waren, eine Wache stand. „Vorsicht ist besser als Nachsicht, recht so.“ murmelte er leise.
Viktor hatte tief und traumlos geschlafen. Er erwachte früh am Morgen und trat in die kühle, frische Luft hinaus. Bei einem Rundgang durch das Dorf stellte er fest, daß die meisten Bewohner bereits einer Beschäftigung nachgingen. Er hörte hämmernde und sägende Geräusche, Lachen und Scherzen vom Dorfplatz her und lenkte seine Schritte dorthin. Zu seiner freudigen Überraschung traf er dort auf Candice. Sie hatte ihr Gewand gegen eine Felljacke, ebensolche Stiefel und eine enge Lederhose getauscht. Ihr langes Haar trug sie offen, nur von zwei silbernen Kämmen an den Seiten gehalten. Ihre eisblauen Augen blitzten ihn freundlich an. „So früh schon auf den Beinen, mein Herr? Kann ich etwas für Euch tun?“ Viktor lächelte sie an. „Nun, etwas Brot, Käse und ein heisses Getränk würden meine Lebensgeister wecken.“ Sie nickte und er beobachtete mit Wohlgefallen ihre geschickten Bewegungen, als sie ihm eine ansehnliche Mahlzeit zurechtmachte. „Setzt Euch ruhig, mein Herr, ich bringe Euch das Gewünschte.“ Sie deutete auf einen der Baumstämme, die auf dem Dorfplatz als Sitzgelegenheiten dienten. Viktor blieb jedoch stehen und beobachtete sie unverhohlen weiter, zu seinem Entzücken bemerkte er, daß ihre Wangen sich leicht röteten. „Erweist mir doch bitte die Ehre, mir bei meiner Mahlzeit Gesellschaft zu leisten.“ Candice nickte und brachte das Essen dann zu dem Baumstamm, mit dem Fuss schob sie einen kleinen Hocker als provisorisches Tischhen hin und stellte ein Holzbrettchen und einen Becher drauf. Sie hatte 3 Scheiben Fleisch aufgeschnitten, etwas Brot und Käse dazugegeben und den gewürzten Wein heissgemacht. Viktor ass mit gutem Appetit und sie beobachtete ihn lächelnd.

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Dann sah er sie unvermittelt an. „Werdet Ihr auch zum Festland segeln, um Euch einen Gemahl zu suchen?“ Candice schluckte überrascht. „Nun, das entsprechende Alter habe ich erreicht.“ gab sie zurück und erwiderte seinen Blick. „Ich weiss nicht, ob Euer Vater Euch davon berichtet hat, daß ich vorhabe, hier sesshaft zu werden. Wenn Ihr ein Jahr warten könnt, werde ich dann zurückkehren und um Euch werben.“ Wieder errötete sie leicht und sah ihn dann lächelnd an. „Ein Jahr wird schnell vergehen.“

Kapitel 2

Sturmbergen

Tatsächlich war das erste Jahr vergangen wie im Fluge. Direkt nach der Rückkehr zur Südküste hatte Viktor von Schattenfels Anweisung gegeben, daß die auf den Schiffen verbliebenen Männer an Land kommen und mit dem Aufbau einer kleinen Ortschaft beginnen sollten. Dem jungen Rogan hatte er ein Schiff unterstellt, um Handel mit seiner Heimatstadt Alaghon zu treiben. Da die ausgesandten Kundschafter eine Goldmine auf der Insel entdeckt hatten, war dies ein Leichtes und Rogan kehrte mit den feinsten Dingen vom Festland zurück. Auch viele Frauen hatten sich den Seeleuten angeschlossen und kamen in Erwartung eines guten Lebens auf die Insel. Viktor war zufrieden. Er hatte sich etwas westlich der kleinen Bucht, an welcher sie seinerzeit angelegt hatten, eine Residenz errichten lassen und seine Ernennung zum Fürsten von Sturmbergen war nur mehr eine Formsache gewesen. Genau nach Ablauf des ersten Jahres war er nach Iysenfeld zurückgekehrt und hatte um die Hand von Candice angehalten. Jokon hatte sie ihm nur zu gerne gewährt und als Dorfältester die Zeremonie abgehalten, nach der sie sich Mann und Frau nennen durften. Dann waren sie als Fürst und Fürstin nach Sturmbergen, wie sie auch die kleine Ortschaft getauft hatten, zurückgekehrt und ein grosses Fest wurde gefeiert.
Nun lief Viktor wie ein Tiger im Käfig im Vorraum zu ihrem Schlafgemach in der Residenz auf und ab. Er achtete nicht auf all die wertvollen Dinge in seiner Umgebung, die schweren Vorhänge aus Brokat, die Wandbehänge aus Seide, die Vasen aus Messing. Heute war der Tag, an dem seine Frau ihm seinen Sohn schenken sollte. Die Bediensteten schlichen wie Schatten durch die Räume, wagten nicht, ihn anzusprechen. Es schien Viktor wie eine Ewigkeit, seit Candice sich mit ihren vertrauten Freundinnen zurückgezogen hatte und obwohl er es niemals zugegeben hätte, hatte er Angst. Doch dann hörte er das Geräusch, worauf er wartete, den fordernden Schrei eines Neugeborenen. Erleichtert atmete er auf und betrat dann das Schlafgemach. Candice lag bleich und erschöpft, jedoch glücklich lächelnd im Bett. Eine der Frauen hatte das Kind in ein warmes Tuch gewickelt und reichte ihm lächelnd das Bündel. „Ihr habt einen Sohn, Mylord.“ Er nahm seinen Sohn entgegen und strich ihm mit einem Finger über das runzlige Gesichtchen. Dann legte er seiner Frau das Kind in die Arme und gab Anweisung „Lasst überall in Sturmbergen verkünden, daß Justin von Schattenfels, heute, am 10. Tag des 5. Monats des Jahres 1187 das Licht der Welt erblickt hat. Lasst ein grosses Fest richten, lasst Wein im Strömen fliessen.“
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptySo 17 Jan 2016 - 17:03

Nachdenklich stand Viktor an der Hafenmauer und liess sich eine leichte Brise ins Gesicht wehen. Die kleine Bucht, wo sie vor vielen Jahren erstmals an Land gegangen waren, war ein stattlicher Hafen geworden. Viele Schiffe frequentierten die Insel, sei es um Handel zu treiben, sei es, um Abenteurer herzubringen, die ihr Glück suchten. Auch die Priester des Ilmater waren auf der Insel sesshaft geworden und hatten einen Tempel in der Ortschaft errichtet. Die Taverne war stets gut besucht und den Einwohnern ging es glänzend. Viktor war ein gerechter, aber strenger Herrscher über die Insel. Doch so streng, wie er gegenüber seinen

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Untertanen und irgendwelchen Taugenichtsen werden konnte, wenn diese seine Anweisungen missachteten, so wenig traf dies auf den Umgang mit seiner Tochter zu. Natasha war ein Jahr nach Justin geboren worden und wenn er seinen Sohn auch liebte, so vergötterte er seine Tochter, ein Abbild von Candice. Oftmals brachte ihm dies liebevolle Schelte seiner Gemahlin wie auch von Sybilla, Natasha's Kinderfrau, ein. Ganz in Gedanken schüttelte er leicht den Kopf, als er daran dachte, daß Natasha in einigen Monaten ihren 15. Geburtstag feiern würde.
Das Läuten der Alarmglocken riss ihn unvermittelt aus seinen Gedanken. Er schaute sich um, als einer der Gardisten auf ihn zugelaufen kam und ihm ein Fernrohr anreichte. *Seht nur, Mylord, die Schiffe dort.“ Der junge Mann war sichtlich aufgeregt und deutete nach Südwesten. Unwillig nahm Viktor das Fernrohr entgegen. „Was soll der Aufstand? Es halten nicht das erste Mal Schiffe auf diese Insel zu.“ Doch als er durch das Fernrohr sah, stockte ihm der Atem, etwas Derartiges hatte er noch nie gesehen. 3 Schiffe hielten schnell auf die Insel zu, sie waren nicht gross, doch auf den ersten Blick konnte man erkennen, daß sie einem reichen Mann gehören mussten. Doch das war es nicht, was Viktor so entsetzte, es waren die schwarzen Segel. „Piraten.“ flüsterte er. Dann fuhr er herum. „Die Wachen sollen sich bereithalten, lasst jeden Mann auf seine Position gehen und die Geschütze besetzen. Wenn die Schiffe ihren Kurs beibehalten und ihre Geschwindigkeit, bekommen wir bald Besuch.“ Der Gardist nickte und rannte davon. Bald schallte das Rufen von Anweisungen über die Hafenanlage.
Äusserlich ruhig stand Viktor, doch in seinem Kopf jagten die Gedanken. 2 der Schiffe hatten vor der Bucht geankert, doch das Dritte hielt nun auf den Hafen zu. Er winkte seinen Kommandanten zu sich und gemeinsamen warteten sie auf die Dinge, die nun geschehen würden. Einige Personen an Bord waren bereits zu erkennen, direkt am Bug des Schiffes stand ruhig ein Mann, der ihren Blick erwiderte. Einer seiner Männer sprang an Land, als das Schiff nah genug herangekommen war. Er fing die Taue auf, die ihm zugeworfen wurden und machte das Schiff am Anlegeplatz fest. Viktor hatte keinerlei Anweisung gegeben, daß ihm dabei zu helfen sei. Dann wurde ein kleiner Steg vom Schiff auf die Hafenmauer geschoben und der Mann, der bislang ruhig am Bug gestanden hatte, überquerte diesen gemessenen Schrittes. Man konnte ihn auf Ende 20 schätzen, sein rotbraunes Haar wie auch sein Bart waren korrekt geschnitten, seine Kleidung war aufwendig und edel verarbeitet und aus den feinsten Stoffen. Der Blick seiner dunklen Augen ruhte auf Viktor, als er eine Verbeugung andeutete „Mein Name ist George Rackham.“ Viktor tat es ihm nach „Mein Name ist Viktor von Schattenfels. Was verschafft uns die Ehre Eures Besuches hier auf Sturmbergen?“ George lachte und entblösste dabei sein schneeweisses Gebiss, nichts an ihm machte auch nur entfernt einen abgerissenen Eindruck, wie man es von Piraten vielleicht erwarten mochte. „Ihr seid kein Mann vieler Worte, das gefällt mir. Nun, meine Männer und ich sind seit einiger Zeit unterwegs und wir hatten gehofft, hier Trinkwasser und Vorräte an Bord nehmen zu können. Und abgesehen davon bin ich Geschäftsmann und immer auf der Suche nach einer guten Gelegenheit, ein bischen Gold zu verdienen.“ wieder lachte er. Viktor nickte „Das Erstere sollte sich machen lassen, wenn Ihr nicht nur Gold verdienen wollt, sondern auch welches besitzt. Allerdings kam mir beim Anblick Eurer Schiffe weniger der Begriff Geschäftsmann sondern eher Pirat in den Sinn.“ George machte eine ausladende Geste mit beiden Händen, die Unterhaltung schien ihn offensichtlich zu amüsieren. „Geschäftsmann, Pirat, alles eine Auslegungssache. Was sind Piraten anderes als Geschäftsleute, die die bestehenden Gesetze ein wenig zu ihren Gunsten auslegen?“ Er sah Viktor offen an und dieser entspannte sich ein wenig. „Dann erweist mir das Vergnügen, Euch als meinen Gast begrüssen zu dürfen. Bestimmt können wir bei einem guten Wein die Bedingungen der gewünschten Transaktion aushandeln.“ George Rackham nickte und liess

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sich von Viktor in Begleitung des Kommandanten zu der kleinen Hafentaverne führen.


Neugierig sah er sich um. Offensichtlich war das Etablissement unter seinen Niveau, aber er liess sich nichts anmerken und setzte sich auf die ihm angebotene Bank. Diensteifrig kam die Bedienung herbei, als sie den Fürsten und den Kommandanten erkannte. „Was kann ich für Euch tun, Mylord?“ „Für mich eine Karaffe Rotwein, aber vom Besten, den Ihr zu bieten habt.“ in Viktor's Stimme lag eine unverhohlene Warnung. Der Kommandant und auch George bestellten dasselbe und die Schankmaid eilte davon. Eine Weile sassen die Männer schweigend bis das Bestellte gebracht und etwas Wein in Kelche eingeschenkt wurde. Anscheinend hatte der Wirt noch schnell ein paar gute Kelche hervorgezaubert, denn alle anderen anwesenden Gäste tranken aus einfachen Bechern. Wiederum huschte ein amüsiertes Lächeln über George's Lippen, dann hielt er seinen Kelch hoch. „Auf gute Geschäfte.“ Die 3 Männer tranken. Zumindest der Kommandant zog kurz überrascht die Brauen hoch, denn der Wein schmeckte vorzüglich. Er nahm sich im Stillen vor, den Wirt nach seinem Zulieferer zu fragen.
In den darauf folgenden Stunden wurde noch so mancher Kelch geleert. Viktor erfuhr, daß die anderen beiden Schiffe jeweils von einem Rackham befehligt wurden, Henry und Christopher, George's jüngeren Brüdern. Die Besatzung jedes Schiffes belief sich auf etwa 30 Männer, die nun versorgt werden sollten. Da dies für die Händler von Sturmbergen kein besonderes grosses Problem darstellte, kam man schnell auf weitere Geschäfte zu sprechen. George erzählte, daß er mehrere Kistchen voll mit feinstem Schmuck an Bord hätte und ebenso edle Stoffe, die sonst nur schwer zu beschaffen seien. Viktor glaubte ihm aufs Wort. Als es dann auf Mitternacht zuging, bot er George an, in der Taverne zu übernachten, auch er selber würde dort ein Zimmer nehmen. George, dem klar war, was dieser Schachzug zu bedeuten hatte, schmunzelte und erklärte sich einverstanden. „Ein vorsichtiger Mann“ murmelte er, als er gewahr wurde, daß der Kommandant einige Wachen vor der Taverne hatte aufstellen lassen.

Am nächsten Tag lernte Viktor auch Henry und Christopher Rackham kennen. Die getroffene Abmachung lautete, daß zwar die 3 Brüder und jeweils die Besatzung eines Schiffes, niemals jedoch alle Besatzungsmitglieder zugleich an Land kommen durften. Henry entpuppte sich äusserlich als das Ebenbild seines Bruders George, war er vielleicht auch nur 2 Jahre jünger als dieser, allerdings liess er dessen feinen Humor und seine weltmännische Art vermissen. Christopher hatte bestimmt noch keine 18 Sommer gesehen. Er war hochgewachsen und schlank, sein braunes Haar hatte nicht die rötliche Färbung wie das seiner Brüder, sondern war eher hellbraun. Er machte einen offenen und ehrlichen Eindruck und oftmals fühlte sich Viktor an seinen Sohn Justin erinnert.

Aus den Tagen wurden Wochen, aus den Wochen Monate und noch immer befand sich die Besatzung der Rackham-Schiffe auf Sturmbergen. Einige der Männer hatten abgemustert, eine Frau genommen und verdienten sich nun ihr Gold als Handwerker. Ab und zu verliessen 2 der Schiffe die Insel und kehrten nach einiger Zeit mit den erlesensten Gütern zurück. Die Handwerker und Händler auf Sturmbergen waren zufrieden und so war es Viktor von Schattenfels auch. Bis auf ein paar Handgreiflichkeiten zwischen betrunkenen Seeleuten und den Hafenarbeitern war es zu keinen nennenswerten Vorfällen gekommen und so bereitete man sich in der Residenz auf den Geburtstag der Fürstentochter vor.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptyMi 20 Jan 2016 - 19:51

Kapitel 3
Christopher


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Ungeduldig sass Christopher an dem kleinen Flusslauf nördlich der Ortschaft und beobachtete amüsiert 2 Waschbären, die immer wieder einige Beeren ins Wasser tauchten, um sie dann possierlich zu verspeisen. Er fragte sich, ob sie wohl kommen würde. Seufzend dachte er an ihre erste Begegnung in der Residenz an ihrem 15. Geburtstag. Wie ein Blitz hatte es ihn getroffen, als er sie sah. Freudestrahlend hatte sie neben ihren Eltern und ihrem Bruder gestanden und die Glückwünsche der Gäste entgegengenommen. Auch er hatte ihr gratuliert und ihr ein kleines Kistchen aus edlem Holz und feinen Goldbeschlägen geschenkt. Als sie es neugierig aufgemacht hatte, hatte sie einen kleinen Ruf des Entzückens ausgestossen. Das Kistchen war mit blauem Samt ausgeschlagen gewesen und darauf hatte eine Kette aus ebenmässigen Perlen gelegen. Ein silberner Anhänger mit einem blauen Saphir hatte die Schönheit des Schmuckstücks unterstrichen. „Vielen Dank, mein Herr, das ist wirklich wunderschön.“ hatte sie gesagt und er wäre gerne noch einen Moment stehengeblieben und hätte sie angesehen. Doch dann war bereits der nächste Gratulant erschienen und er hatte sich nach einer Verbeugung abgewandt.
Den ganzen Abend hatte er Natasha beobachtet. Sie hatte mit den jungen Leuten aus der feineren Gesellschaft von Sturmbergen gelacht, getanzt und gescherzt und ihm war klar geworden, daß sie niemals für ihn bestimmt sein würde. Immerhin war sie die Tochter eines Fürsten und er nur ein einfacher Mann, ein Pirat.

Doch in der darauf folgenden Zeit hatten sie sich immer wieder getroffen, beim Händler, an der Blumenwiese, wo er unter seinem Liebslingsbaum seinen Gedanken nachhing oder sie hoch zu Ross, während er spazierenging. Immer hatten sie sich ein wenig unterhalten, wenn sie sich unbeobachtet glaubten oder wenn es unverfänglich erschien. Doch dann hatte er sich ein Herz gefasst und sie um eine Verabredung gebeten. Würde sie kommen?
Ein leises Knacken eines Zweiges erregte seine Aufmerksamkeit und dann huschte sie neben ihn und setzte sich.
„Es tut mir leid, ich konnte nicht früher kommen, mein Vater ist sehr spät zu Bett gegangen und die Türe seines Arbeitszimmers war stets geöffnet. Unmöglich hätte ich mich ungesehen vorbeischleichen können.“ Natasha sprach mit leiser Stimme.
„Schon gut, Hauptsache, Ihr seid gekommen, Mylady.“ mehr als glücklich, sie zu sehen, konnte er nicht mehr sagen.
„Ach Christopher,“ sie seufzte leise auf „wollen wir nicht langsam die Förmlichkeiten lassen, Du kennst doch meinen Namen.“
„Wenn Ihr es für angemessen haltet, My ...“ er unterbrach sich „Natasha“.
„Ja, das tue ich“ ihr Tonfall war bestimmt „Ich habe genug von irgendwelchen Schleimern, die mich Mylady nennen und mir alles hinterhertragen, das ist nicht das Leben, welches ich mir für mich wünsche.“
Überrascht sah Christopher sie an und stellte dann zu seiner Verwunderung fest, daß sie die Perlenkette trug, die ein Geschenk von ihm gewesen war. Sie bemerkte seinen überraschten Blick und lächelte.
„Diese Kette ist das Schönste, was ich je geschenkt bekommen habe. Vielleicht ist es ungerecht, denn mein Vater überschüttet mich mich Schmuck und edler Kleidung und er meint es bestimmt auch gut. Schon als Kind hatte ich alles, was mein Herz begehrte. Aber weisst Du, was mein Lieblingsspielzeug war?“ Sie sah ihn kurz an, wartete eine Antwort aber gar nicht ab „Ein altes Holzpferd, welches Sybilla's Mann für mich geschnitzt hatte. Sybilla

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ist meine Kinderfrau, weisst Du? Und sie war immer schon der Ansicht, daß mein Vater mich zu sehr verwöhnt. Meine Mutter sagt das nebenbei auch immer, ich weiss, daß sie heimlich einige Dinge weiterschenkt, weil ich sie eh niemals brauche. Aber das darf mein Vater niemals erfahren.“
Christopher hatte ihr die ganze Zeit lächelnd gelauscht, doch dann legte er ihr einen Finger auf die Lippen „Pssst, ich habe ja schon verstanden.“
„Ohhh, es tut mir leid, ich wollte Dich nicht langweilen.“ sie schien ziemlich zerknirscht.
„Du könntest mich niemals langweilen“ beeilte er sich zu versichern „Erzähle mir doch, welches Leben Du Dir für Dich wünschst.“
„Das ist leicht. Ich will mit Dir auf Dein Schiff steigen, davonsegeln, andere Länder kennenlernen, grosse Städte. Ich will frei sein, tun was ich will und wann ich es will. Ich will keine Stiefellecker um mich herum, die mir ständig alles nachtragen. Ich möchte ein einfaches Haus, einen Ehemann und ein paar Kinder. Ja, das ist es, was ich will.“ bekräftigte sie nochmal und sah ihn an.
Christopher sah sie seufzend an „Das würde bedeuten, daß Du Deine Familie verlassen müsstest, Dein Vater würde das niemals zugeben und das weisst Du.“
„Ja, das weiss ich, aber an einem Leben, wie er es für mich vorgesehen hat, würde ich ersticken.“ Sie sah ihn ernsthaft an. „Ich würde es tun, Du auch?“
Er erwiderte ihren Blick und nickte dann „Ja, ich würde es auch tun.“

In der nächsten Zeit hatten sie sich immer wieder an ihrem kleinen Fluss getroffen und sich ihr zukünftiges Leben in den leuchtendsten Farben ausgemalt. Längst hatten sie einander das gegeben, was Mann und Frau einander zu geben haben. Eines abends kam sie aufgeregt zu ihrem Treffpunkt.
„Chris,“ sie gab ihm einen schnellen Kuss „ein Priester ist in der Stadt, er kam mit einem Schiff heute morgen an, er ist ein Priester des Silvanus, er muss uns zu Mann und Frau erklären.“
„Wie stellst Du Dir das vor?“ er sah sie überrascht an „sobald Du Deinen Namen nennst, wird er sich wundern.“
„Chris,“ wiederholte sie eindringlich „es ist unsere Chance, vermutlich ist er mit den Gegebenheiten auf dieser Insel noch nicht vertraut, aber sicherheitshalber werde ich ihm den Namen nennen, den meine Mutter vor der Hochzeit trug.“
„Warum die Eile?“ er wollte ihr einen Kuss geben, doch sie wich zurück.
„Weil ich Dein Kind bekomme.“

Sie hatten es wirklich getan. Vor den Gesetzen der Menschen und vor den Göttern waren sie nun Mann und Frau. Es war eine einfache Zeremonie gewesen in der freien Natur. Sie hatten vor einer Feuerstelle gekniet und der Naturpriester hatte einige Kräuter in eine grosse Schale getan, mit einem Mörser zerkleinert und dann dem Feuerelement übergeben. Durch den aufsteigenden Rauch waren beide etwas benebelt gewesen, jedoch glücklich. Aus einem einfachen Holzbecher hatten sie dann Kräuterwein getrunken und etwas auf Stein gebackenem Brot gegessen. Dann hatte der Priester ein grünes Band genommen und um ihrer beider Hände geschlungen und damit die Zeremonie für beendet erklärt. Noch ein paar Stunden hatten sie im Wald verbracht, dann war es an der Zeit, daß Natasha wieder in die Residenz zurückkehren musste.
Ihre Hoffnungen und Träume fanden dort ein jähes Ende. Als sie in ihr Gemach schleichen wollte, hörte sie die Stimmen ihrer Eltern. Noch nie hatte sie einen Streit mitbekommen, doch diesmal war es so. Die Stimme ihres Vaters klang wütend, die ihrer Mutter leise und bittend.

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Sie versuchte an der nicht ganz geschlossenen Türe zu lauschen und dann war ihr, als würde ihr Herz aussetzen. Ihr Vater wusste von ihrer Beziehung zu Christopher. Er hatte ihr, argwöhnisch geworden, einen Gardisten hinterhergeschickt, der ihm alles berichtet hatte. Gehetzt sah sie sich um, was sollte sie tun? Grade als sie den Entschluss gefasst hatte, die Residenz so schnell wie möglich wieder zu verlassen, erschienen 2 Gardisten, die ihr den Weg versperrten.
„Tut uns leid, Mylady, aber Euer Vater hat Anweisungen gegeben. Ihr dürft die Residenz nicht mehr verlassen.“
„Geht unverzüglich aus dem Weg.“ herrschte Natasha die beiden Männer an, doch diese schüttelten nur den Kopf.
„Der Fürst wird entscheiden, was zu geschehen hat.“

Durch die Stimmen im Vorraum aufmerksam geworden, kamen Viktor und Candice hinzu. Viktor erfasste die Situation mit einem Blick.
„Junge Dame, Du wirst Dich sofort in Dein Gemach begeben.“ seine Stimme liess keinen Widerspruch zu. „Wir reden morgen.“
Natasha schaute ihn wütend an, doch als sie den flehenden Blick ihrer Mutter bemerkte, gab sie nach und nickte. Ihr Vater geleitete sie zu ihrem Raum. Kaum war sie eingetreten, wurde die Türe hinter ihr verschlossen. Weinend liess sie sich auf ihr Bett fallen und fiel erst spät in der Nacht in einen unruhigen Schlaf.

Christopher war währenddessen in der Taverne angekommen, wo er zumeist sein Abendmahl zu sich nahm. An einem der Tische wurde er seiner beiden Brüder gewahr und etwas verwundert, aber doch immer noch gut gelaunt, begrüsste er sie.
„Wir müssen etwas mit Dir besprechen.“ begann George die Unterhaltung. Christopher nickte und bestellte eine Portion Eintopf und einen Harzwein.
„Wir haben einen Auftrag für Dich.“ fuhr George fort, kaum dass der Wein gebracht und die Schankmaid sich wieder entfernt hatte. „Er ist von grösster Wichtigkeit. Wir haben in Erfahrung bringen können, daß sich auf dieser Insel eine noch unberührte Smaragdmine befinden soll. Du weisst, was das heisst, nicht wahr?“
Ja, Christopher wusste es. Seine Brüder hatten mit dem Fürsten der Insel eine Abmachung getroffen, daß, sollte einer der Rackhams Schätze entdecken, auf die noch kein anderer Anspruch erhoben hatte, der Gewinn unter Viktor und den 3 Brüdern zu gleichen Teilen aufgeteilt werden würde. Seine Gedanken überschlugen sich. Hier bot sich ihm eine einzigartige Gelegenheit, zu Reichtum zu gelangen und Natasha von der Insel fortzubringen.
„Wo soll sich diese Mine denn befinden?“ wollte er wissen.
George holte ein Pergament aus der Tasche und rollte es auf dem Tisch aus.
„Hier.“ er deutete auf einen Punkt auf der Landkarte, die den südlichen Ausläufer des Elfenwaldes kennzeichnete.
„Fast schon Elfengebiet“ Christopher schaute zweifelnd, schmunzelte dann aber „aber eben nur fast.“
George schlug ihm anerkennend auf die Schulter. „Das ist mein kleiner Bruder. Wir werden Dir 5 Männer mitgeben, so daß die Gruppe nicht zu gross ist und bedrohlich wirken würde. Ihr versucht, Informationen zu bekommen, seht Euch in dem Gebiet um, achtet auf Minen und Höhlen und kehrt dann erstmal nach hier zurück. Der Aufbruch ist für morgen früh geplant, die Männer werden bei Morgengrauen auf Dich hier warten. Richte Dich darauf ein, ein paar Tage unterwegs zu sein.“
Christopher hob kurz die Brauen, nickte aber dann. Seine Gedanken überschlugen sich, wie

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sollte er Natasha noch eine Nachricht zukommen lassen? Aber dann beruhigte er sich damit, daß sie schon von irgendwem von der Exkursion erfahren würde. Noch eine Weile sass er mit seinen Brüdern zusammen, dann suchte er sein Zimmer auf und legte sich schlafen.

Der Aufbruch fand am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang statt, es versprach ein schöner, klarer Tag zu werden. Die Männer wandten sich nach Norden, auf dem in den letzten Jahren angelegten Weg, der beinahe bis nach Iysenfeld führte, kamen sie gut voran. George hatte seinem Bruder 3 Männer mitgegeben, der Fürst 2. Auch wenn in der letzten Zeit so etwas wie Freundschaft zwischen den Beiden entstanden war, waren sie in geschäftlichen Dingen weiterhin vorsichtig. Christopher schmunzelte vor sich hin.
Nach ein paar Stunden liess er die Gruppe an einem Bach rasten. Sie füllten ihre Wasservorräte auf und assen etwas von dem mitgebrachten Proviant. Christopher schaute auf seine Karte, langsam war es soweit, daß sie sich nach Westen halten mussten. Allerdings führte kein befestigter Weg in diese Richtung. Nachdem sie sich noch eine Weile ausgeruht hatten, mahnte er zum Aufbruch.
Obwohl die Sonne hoch am Himmel stand, fielen nur vereinzelt Strahlen durch die dichten Blätter der hohen Bäume. Christopher war erst einmal hiergewesen, auf einer seiner vielen Exkursionen über die Insel. Aber weiter war er nicht gegangen, er hatte Viktor's Wunsch, das Gebiet der Elfen zu meiden, respektiert. Ihm war nicht wohl bei der Sache und er beschloss, erst einmal in grade Linie bis zur Westküste vorzudringen. Mit viel Glück würde man so schon Hinweise finde. Er hatte noch nie einen Elf gesehen und eigentlich wäre er begierig darauf gewesen. Aber nicht unbedingt unter diesen Umständen, als Eindringling in ihr Gebiet.

Als sie die Küste erreichten, dämmerte es bereits und sie schlugen ein Lager für die Nacht auf. Christopher erlaubte, daß ein kleines Feuer entzündet wurde und die Männer machten sich etwas von dem mitgebrachten Met heiß. Wenn gesprochen wurde, dann nur mit gedämpfter Stimme. Christopher konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, daß man sie beobachten würde, doch er schüttelte die Gedanken ab. Er schaute in den Sonnenuntergang und stellte sich vor, wieviele von diesen Naturschauspielen er noch gemeinsam mit Natasha erleben würde.

Am nächsten Morgen brachen die Männer Richtung Norden auf. Als sie etwa eine Stunde gegangen waren, gab Christopher Anweisung, von hier aus nach Osten weiterzugehen. Die Männer nickten schweigend. Wenn sie bislang die Grenze des Elfengebietes nur gestreift hatten, nun befanden sie sich auf jeden Fall dort. So gingen sie Stunde um Stunde, langsam und vorsichtig, doch auch immer nach Hinweisen auf eine Mine oder einen Stollen achtend. Aber auch dieser und der nächste Tag brachten keinerlei Erkenntnisse. Christopher hatte zugesehen, daß sie immer an der Küste übernachteten, da man hier zumindest aus einer Richtung keinen Angriff zu befürchten hatte. Wenn er um die Treffsicherheit der Elfen mit dem Bogen gewusst hätte, wäre ihm dies Verhalten albern vorgekommen aber so erschien es ihm vernünftig.
Am 4. Tag wurde ihnen der Weg weiter nach Norden durch eine hohe, steile Felswand versperrt. „Wenn eine Mine oder ähnliches, dann wohl hier.“ murmelte einer der Männer, nur einen Moment bevor 2 schlanke Gestalten wie aus dem Boden gewachsen urplötzlich vor ihnen standen, an ihren spitzen Ohren ohne Zweifel als Elfen zu erkennen. Die Männer wollten zu ihren Waffen greifen, doch Christopher gebot ihnen Einhalt. Er legte seine rechte Hand auf die Brust und verneigte sich „Mein Name ist Christopher Rackham, wir sind friedliche Kundschafter aus Sturmbergen.“ Er hoffte, daß die Elfen die Handelssprache

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verstehen würden. Die Elfen standen schweigend und er hatte Gelegenheit, sie näher zu betrachten. Sie waren um einiges kleiner als er und seine Männer, sehr schlank, mit langen, schwarzen Haaren. Ihre feinen Gesichter konnten durchaus als schön bezeichnet werden. Die Kleidung in den Farben des Waldes schien auf den ersten Blick einfach, doch bei näherem Hinsehen konnte man die feine, aufwendige Verarbeitung erkennen.
„Was kundschaftet Ihr, Christopher Rackham aus Sturmbergen?“ Der Elf sprach mit weicher, melodiöser Stimme die Handelssprache, nur ein leichter Akzent war zu vernehmen.
„Der Fürst von Sturmbergen, Viktor von Schattenfels, möchte nähere Erkenntnisse über die Gebiete nördlich der Ortschaft gewinnen, deswegen sind wir hier.“ Die Halbwahrheit kam Christopher glatt über die Lippen.
„Nun, zumeist sind es weniger Erkenntnisse als Reichtümer, die die Menschen zu gewinnen wünschen.“ Die Stimme des Elfen klang amüsiert und er blickte Christopher grade an.
„Der Fürst ist bereits ein sehr reicher Mann.“ beeilte sich dieser zu versichern.
Der Elf hob eine Braue „Wir wissen nur zu gut, daß es viele Eurer Rasse gibt, die gar nicht genügend Reichtümer anhäufen können. Aber seid gewiss und berichtet dem Fürsten von Sturmbergen, daß es in unserem Gebiet nichts gibt, was ihn interessieren könnte.“
Christopher versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen, aber der Blick des Elfen verriet ihm, daß ihm dies nicht gelungen war.
„Es gibt eine kleine Höhle, wenn Ihr den Felsen ein Stück nach Osten folgt. Dort fanden wir wertlose Steine.“ Der Elf zuckte leicht mit den Schultern „Überzeugt Euch selbst und kehrt dann mit diesen Erkenntnissen zurück zu Eurem Fürsten. Doch seid gewiss, daß wir Euch weiterhin beobachten und ein weiteres Vordringen Eurerseits Richtung Norden verhindern werden.“ Mit diesen Worten drehten die Elfen sich um und waren Augenblicke später mit dem Wald verschmolzen.
Christopher atmete erleichtert auf. Auch wenn seine Ahnung, daß man sie bereits seit Tagen beobachtet hatte, sich bestätigt hatte, war doch etwas wie Hoffnung in ihm aufgekeimt. Vielleicht hatten sie ja das Gesuchte gefunden, wer wusste schon, was Elfen für wertvoll erachten würden?

Tatsächlich entdeckten die Männer die Höhle kurze darauf und verloren auch nicht viel Zeit damit, sie zu betreten. Sie entzündeten Fackeln und sahen sich um. Es war eine natürliche Höhle, die zumindest auf den ersten Blick keinem Tier als Unterschlupf diente. Mit den mitgebrachten Hämmern und Meisseln begannen sie, die Wände abzuklopfen. Doch bereits nach kurzer Zeit wurde ihnen klar, daß die Elfen nicht gelogen hatten, eine der Wände war von einer Quarzader durchzogen, das war es aber auch schon. Enttäuscht sahen sich die Männer um. Christopher, der so schnell noch nicht aufgeben wollte, wies sie an, weiterzuarbeiten. Doch auch nach weiteren Stunden hatte die Höhle nicht mehr als wertlose, braune Steine herausgegeben. Christopher hatte sich ein wenig weiter hineingewagt und wurde auf einmal auf einen feinen, blauen Schimmer aufmerksam. Er folgte dem Leuchten und entdeckte in einer Nische der Höhle einen kleinen Kristall und betrachtete ihn genauer. „Du siehst mir zwar auch nicht wertvoll aus, aber ich werde Dich als Andenken mitnehmen.“ mit diesen Worten brach er den Kristall aus der Wand und steckte ihn ein. Dann kehrte er zu den Männern zurück.
Missmutig hatten sie den Heimweg angetreten und in Sturmbergen von der gescheiterten Mission berichtet. Christopher nahm in der Taverne ein ausgiebiges Mahl zu sich und legte sich dann in seinem Quartier schlafen. Zuvor hatte er den Kristall in einem kleinen Kistchen auf seinem Nachttisch deponiert.
In den nächsten Tagen durchstreifte er die Umgebung von Sturmbergen und verbrachte Stunden am kleinen Flusslauf, wartend und hoffend. Doch Natasha sah er nie.


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Grade als Christopher den Marktplatz überqueren wollte, um zum Hafen zu gelangen, wurde er von 2 Wachen aufgehalten.
„Der Fürst wünscht Euch zu sprechen.“ Die Stimme des Wachmannes duldete keinen Widerspruch und schulterzuckend folgte Christopher ihnen zur Residenz. Er wurde in den Besprechungsraum geführt, wo sowohl der Fürst als auch seine beiden Brüder mit ernsten Gesichtern warteten. Er schaute erstaunt und deutete dann eine Verneigung in Richtung des Fürsten an.
„Mylord, womit kann ich dienen?“
„Mit einer Erklärung, warum Ihr diesen Schatz unterschlagen habt.“ Viktor's Stimme war eisig und er deutete auf den blauen Kristall, den Christopher in der Quarzhöhle gefunden hatte. Er hatte ihn total vergessen gehabt und auch nicht gemerkt, daß jemand in sein Zimmer eingedrungen war, um ihn zu entwenden.
„Ein Schatz?“ wiederholte er belustigt „Dies ist ein einfacher Kristall, nicht mehr als ein Andenken. Er war der Einzige seiner Art in der Höhle, die wir durchsuchten, deshalb nahm ich ihn mit.“
„Einfältiger Narr.“ Viktor schien ausser sich vor Zorn. „Dies ist ein magisches Artefakt, von unschätzbarem Wert für jemanden, der die arkanen Künste erlernt hat oder mit ihnen umzugehen weiss.“ Er holte Luft „Ich klage Euch, Christopher Rackham an, die getroffene Vereinbarung gebrochen und mich und Eure Brüder um eine hohe Summe Goldes betrogen zu haben.“
Immer noch ungläubig schaute Christopher von einem zum anderen. Sein Bruder Henry sah betreten zu Boden, George's Blick war ernst und in Viktor's Augen sah er unverhohlenen Triumpf. Während eine Gänsehaut über seinen Rücken lief, wurde ihm schlagartig klar, daß er in eine Falle geraten war. Er wollte noch grade zu einer Erklärung ansetzen, als Viktor den Wachen eine klare Anweisung gab. „Bringt ihn in den Kerker, dieser Mann hat sein Leben verwirkt.“
Christopher wurde von harten Händen gepackt, er warf noch einen letzten Blick auf seine Brüder, doch von diesen war offensichtlich keine Hilfe zu erwarten. Widerstandslos liess er sich abführen.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptyDo 21 Jan 2016 - 18:43

Die nächsten Tage verbrachte der Junge allein in einem dunklen Verlies, nur ab und an brachte eine Wache ihm etwas kalte Suppe und trockenes Brot. Auf seine steten Bitten hin, mit einem seiner Brüder sprechen zu dürfen, hatte er immer nur höhnisches Gelächter geerntet. Seine Gedanken kreisten um Natasha. Wusste sie, wo er war? Hatte man ihr Lügen aufgetischt und auch sie hielt ihn für einen Verräter? Würde er es je erfahren?
Am 6. Tag seiner Gefangenschaft erwachte er und spürte, wie eine eisige Kälte durch seinen Körper zog. Gleichzeitig hatte er das Gefühl von glühender Hitze. Zitternd wickelte er sich in die zerschlissene Decke als einzigen Schutz. Im Fieberwahn sah er Natasha vor sich, in dem einfachen weissen Kleid, welches sie bei der Hochzeitszeremonie getragen hatte. Liebevoll sah sie ihn an. Grade als er sie berühren wollte, verschwand ihr Bild und er sah die Ortschaft Sturmbergen, zerstörte Gebäude, brennende Stallungen, hörte Schreie von Frauen und Kindern.
In einem der wenigen lichten Momente nahm er ein kleines Büchlein aus seiner Weste, einen Stift und begann mit zitternden Händen zu schreiben „Geliebte, der Fürst und meine Brüder haben mich in dies Verlies werfen lassen, in der Annahme, ich hätte sie belogen und betrogen. Du weisst, daß ich das nicht getan habe, man hat mir eine Falle gestellt. Ich liebe Dich.“



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Als die Wachen dem Fürsten meldeten, daß die Schüsseln, die sie dem Gefangenen hingestellt hatten, unberührt waren, war Christopher Rackham seit Tagen schon nicht mehr am Leben.

Kapitel 4

Natasha


Sybilla, Natasha's alte Kinderfrau hatte von ihrem Gemahl, der im Dienste des Fürsten stand, von Christopher's Verhaftung erfahren. Wohl wissend, wie verzweifelt Natasha, die sich ihr anvertraut hatte, sein musste, hatte sie beim Fürsten um die Erlaubnis, die junge Frau besuchen zu dürfen, ersucht. Doch der Fürst hatte dies kategorisch abgelehnt. Seit beinahe 3 Wochen hielt er seine Tochter wie eine Gefangene in ihrem Gemach, lediglich ihre Mutter durfte zu ihr.
Langsam begann sich ihr Bauch zu wölben und sie machte keinen Versuch, dies unter weiter Kleidung zu verbergen. Bis auf die Gespräche mit ihrer Mutter, der sie die Wahrheit über ihre Beziehung zu Christopher gesagt hatte, bestanden ihre Tage damit, aus dem Fenster zu schauen und an den Geliebten zu denken. Ihr Vater hatte auch vor ihrem Fenster Wachen aufstellen lassen, so daß an eine Flucht nicht zu denken war.
Doch dann eines Morgens erhielt sie Besuch von Sybilla, weinend umarmte sie ihre ehemalige Kinderfrau. Dieser war das kleine Briefchen, welches Christopher kurz vor seinem Tode geschrieben hatte, zugespielt worden und sie suchte nach den richtigen Worten, Natasha die furchtbare Wahrheit zu erzählen. Aber gibt es die richtigen Worte? Uns so begann sie, Natasha noch im Arm haltend, zu berichten, was sie wusste.
Die junge Frau löste von ihr, ihr Gesicht zu einer Maske des Entsetzens erstarrt bevor sie ohnmächtig zu Boden sank. Sybilla kniete sich neben sie und streichelte ihr sanft übers Haar, als sie nach einiger Zeit der grossen Blutlache gewahr wurde, die sich unter Natasha's Körper immer weiter ausbreitete. Sie sprang auf und begann gegen die Zimmertüre zu hämmern, schrille Hilfeschreie ausstossend. Die Fürstin, die die Türe kurz darauf öffnete, erfasste die Situation mit einem Blick. Schnell gab sie den ebenfalls herbeigeeilten Gardisten den Befehl, eine Kutsche anspannen zu lassen und Natasha schnellstens ins Lazarett zu bringen. Ihren Gemahl, der ebenfalls hinzugekommen war, würdigte sie keines Blickes.
Die eigentlich kurze Strecke bis zum Lazarett in der Ortschaft erschien Fürstin Candice wie eine Ewigkeit. Sie hatte einen Gardisten vorausgeschickt und so warteten 2 junge Priester bereits und brachten Natasha durch den Tempelbereich ins Lazarett. Der ältere Kleriker machte ein bedenkliches Gesicht, als er die blutverschmierte Kleidung der jungen Frau sah und liess sie auf einem Steintisch aufbahren. Dann schickte er alle Anwesenden hinaus. Zuerst entfernte er die Kleidung, dann wusch er den Körper mit warmem Wasser um festzustellen, woher das Blut gekommen war. Als er keine äussere Verletzung feststellen konnte, wurde ihm klar, was geschehen war. Bleich lag die Fürstentochter vor ihm, ihm war klar, daß ihr Leben am seidenen Faden hing. Die Hände zum Gebet gefaltet, stand er vor ihr und bat Ilmater, ihn zu einem Werkzeug zu machen, durch welches die junge Frau gerettet werden konnte. Dann stellte er links und rechts neben Natasha's Körper Rauchschalen auf und deckte sie selbst mit einem Leinentuch zu. Alsdann verliess er den Behandlungsraum, um der Fürstin zu berichten.
Diese war im Lazarett auf und abgelaufen, weinend, die Hände ringend und schaute nun mit grossen, angsterfüllten Augen auf den Ilmaterkleriker.




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„Ihre Tochter wird leben, Mylady, sie ist geschwächt, aber ihr junger Körper wird sich erholen. Allerdings hat sie das Kind, welches sie trug, verloren.“ bedauernd klangen seine Worte.
Die Fürstin sah ihn aus rotgeweinten Augen an „Habt Dank, Herr. Darf ich bei ihr bleiben, bis sie sich erholt hat?“
„Natürlich.“ Der Priester gab Anweisungen, einen kleinen Raum für Mutter und Tochter herzurichten und Natasha wurde in ein sauberes Bett gelegt. Nach Stunden, in denen Candice einfach nur dagesessen und ihre Hand gehalten, erwachte sie und richtete den Blick auf ihre Mutter „Mein Kind?“ fragte sie leise, doch diese schüttelte nur bedauernd den Kopf. Tränen schossen in Natasha's Augen „Somit habe ich nun alles verloren, wofür ich leben wollte.“ Dann umfing sie wieder ein gnädiger Schlaf.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptyFr 22 Jan 2016 - 15:42

Sybilla hatte das Lazarett verlassen, als gewiss war, daß Natasha leben würde. Sie irrte ziellos im Wald umher, den Kopf voller wirrer, düsterer Gedanken. Schliesslich liess sie sich auf einem Baumstamm nieder, schloss die Augen und legte die Finger an die Schläfen. Ein paar Stunden sass sie wohl da, dann hatte sie einen Entschluss gefasst. Sie stand auf und suchte sich einen kleinen Stock. Damit malte sie 2 ineinanderliegende Kreise in den Boden und kniete davor nieder. Die Handflächen vor ihrer Brust gegeneinander haltend, begann sie zu sprechen
„Shar, Herrin der Dunkelheit, Göttin der Rache, ich rufe Dich an. Ich bitte Dich inständig um Vergeltung für zwei unschuldige Leben. Lass diejenigen Schuldigen dahinsiechen, krank, freudlos, auf daß sie bis in alle Ewigkeit keine Ruhe finden mögen.“
Noch eine ganze Weile sass Sybilla da, in ihr düsteres Gebet vertieft, als sich auf einmal der Himmel verdunkelte. War es noch vor einigen Augenblicken sonnenklar gewesen, prasselten nun Hagelkörner so gross wie Kieselsteine auf die Erde. Sybilla verharrte währenddessen in knieender Haltung, bis das Unwetter vorbei war. Dann stand sie auf, sprach ein paar Worte des Dankes an die dunkle Gottheit und kehrte nach Sturmbergen zurück.

Niemand vermochte zu sagen, wann in der Residenz das letzte Mal ein freundliches Wort gesprochen oder Gelächter erklungen war. Natasha hatte sich nach ihrer Genesung geweigert, unter einem Dach mit ihrem Vater zu leben und so hatte man ihr erlaubt, zu der Familie ihrer Mutter nach Iysenfeld zu reisen. Candice hatte das gemeinsame Schlafgemach verlassen und lebte nun im Zimmer ihrer Tochter, mit dem Fürsten hatte sie seit Wochen kein Wort mehr gesprochen. Der junge Justin litt sehr unter den Verhältnissen, konnte aber auch das Verhalten seines Vaters nicht gutheissen. Die Dienerschaft flüsterte nur untereinander und wagte kaum, ein Geräusch zu verursachen. Fürst Viktor selber schlief kaum, seine ständig rotgeränderten Augen zeugten davon. War sein glänzendes schwarzes Haar bislang nur von wenigen Silberfäden durchzogen gewesen, so erschien es nun grau, struppig und ungepflegt. Sein Gang war schleppend geworden, als würde ihm jeder Schritt Schmerzen zufügen. Die Gelenke der Finger waren rotgeschwollen, so daß seine Hände Klauen ähnelten.
So sass er an seinem Schreibtisch, als ein verschüchteter Diener George Rackham meldete. Er liess nicht mehr als ein Knurren vernehmen, waren doch die Brüder die Letzten, die er zu sehen wünschte. Doch bevor er mehr sagen konnte, wurde der Diener beiseitegeschoben und George trat ein. Viktor starrte ihm entgegen und erblickte ein Bild des Jammers. George erschien um mindestens 20 Jahre gealtert, Haare und Bart eisgrau, die Haut fahl und die dunklen Augen leblos in den Höhlen, mühte er sich an einem Stock gehend auf Viktor zu, starrte ihn an.
„Ihr auch?“ flüsterte er nur, als er Viktor's Zustand gewahr wurde.

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Entgeistert starrte Viktor zurück „Bei den Göttern, was geht hier vor sich? Sind wir verflucht?“
„Die Männer nehmen es an.“ gab George zurück und berichtete mit immer wieder versagender Stimme, daß es ausser ihm auch seinem Bruder Henry und 3 der Männer schlecht gehen würde. Viktor wurde gewahr, daß es sich ausgerechnet um die Männer handelte, die – von ihm bestochen - mitgeholfen hatten, Christopher in eine Falle zu locken. Doch diesen Gedanken konnte er nicht jetzt aussprechen.
„ Henry hat in seiner Angst bereits sein Schiff auf See gebracht, mit nur wenigen Männern, die noch zu ihm halten und keine Angst vor Übernatürlichem zeigen. Er will zum Festland segeln und dort Hilfe suchen“ berichtete George weiter.
Viktor dachte einen Moment nach, dann läutete er nach dem Diener und als dieser erschien, liess er ihn nach dem Kommandanten schicken. Bis dieser eilends erschien, sassen der Fürst und George sich schweigend gegenüber. Vom Kommandanten brachte Viktor dann in Erfahrung, daß es auch bei seinen eigenen Männern mysteriöse Fälle von plötzlicher Alterung und Krankheit gegeben hatte. Als er sich die Namen der Männer nennen liess, wurden seine Befürchtungen zur Gewissheit. Er entliess den Kommandanten ohne ein weiteres Wort.
Mühsam stand er auf und ging zum Kamin, in welchem ein Feuer loderte. Obwohl es noch nicht Herbst war und die Sonne von einem wolkenlosen Himmel schien, fror Viktor seit geraumer Zeit ständig.
„Seid Ihr nun schlauer?“ wollte George wissen, als der Kommandant gegangen war.
„Nein.“ Ins Feuer starrend sah Viktor George bei dieser Lüge nicht an. „Aber ich werde nach Iysenfeld reisen“ teilte der Fürst seinen plötzlichen Entschluss mit „bevor es kälter wird. Vielleicht ist es die letzte Gelegenheit, meine Tochter noch einmal zu sehen, bevor mich der Tod ereilt.“
„So sei es“ George erhoben sich mühsam „Ich werde es Henry nachtun und nach Alaghon reisen. Vielleicht können wir ja wirklich in der dortigen Magierakademie Hilfe finden.“
Mit diesen Worten verliess George Rackham den Raum.

Der Weg nach Iysenfeld war für Viktor von Schattenfels mehr als eine Strapaze gewesen. Hatte ihm vor noch gar nicht so langer Zeit ein Ritt von zwei Tagen nichts ausgemacht, so war ihm nun vor der Abreise bereits klar gewesen, daß er es in diesem Zustand niemals durchhalten würde. So hatte er sich mit einem Einspänner auf den Weg gemacht, doch der befestigte Weg führte nicht bis nach Iysenfeld und so hatte er die letzten Meilen doch hoch zu Ross zurücklegen müssen. Mehrmals war er versucht gewesen, vor Schmerzen laut zu schreien.
In Iysenfeld angekommen empfing Viktor eisige Stimmung. Kaum, daß er mühsam vom Pferd abgestiegen war, kam ihm der alte Jokon entgegen und statt einer Begrüssung schlug er ihm die Faust ins Gesicht. Auf diesen Angriff nicht vorbereitet ging Viktor zu Boden, unfähig sich schnell wieder zu erheben. Wütend starrte er seinen Schwiegervater an.
„Warum?“ fragte er nur.
Jokon schleuderte ihm ein kleines Buch entgegen. „Lest, Mylord“ sagte er nur verächtlich „lest die Geschichte Eurer Schande.“ Damit wandte der alte Mann sich ab.
Noch immer auf dem Boden sitzend schlug Viktor das Buch auf und begann zu lesen. In ihrer zierlichen Handschrift hatte Natasha alles aufgeschrieben, was sie und Christopher betroffen hatte. Von ihrem ersten Kennenlernen, ihren heimlichen Verabredungen, ihrer Hochzeit, der Gefangenschaft in der Residenz, dem Verlust ihres Kindes, als sie vom Tode ihres Mannes erfahren hatte.



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Dann starrte Viktor ungläubig auf den letzten Eintrag in das Tagebuch. Der Eintrag war vom gestrigen Tage, dem Tag, an welchem seine Tochter ihrem Leben ein Ende gesetzt hatte.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptySa 23 Jan 2016 - 10:34

Die Regenten Sturmbergens - Justin

Kaum 17 Jahre alt war Justin gewesen, als sein Vater nach Iysenfeld aufgebrochen war. Eine gewisse Erleichterung hatte in der Residenz geherrscht und auch seine Mutter hatte wieder gelächelt. Dann war die Depesche seines Grossvaters gekommen mit der Nachricht vom Tode seiner Schwester und Candice war zusammengebrochen. Lange schien es, als würde sie sich nicht erholen und selbst, als es ihr besser ging, war sie nur mehr ein Schatten ihrer Selbst.
Justin war nach Iysenfeld aufgebrochen in Begleitung einiger Gardisten, um Natasha heimzuholen. Um auch Christopher als ihrem Gemahl die letzte Ehre zu erweisen, hatte man ihn neben ihr beerdigt.
Als Viktor, von dem man wusste, daß er sich von Iysenfeld aus Richtung Norden gewandt hatte, nach 3 Monaten immer noch nicht nach Sturmbergen zurückgekehrt war, liess Candice einen Rat einberufen, welcher bis zum 18. Geburtstag ihres Sohnes die Geschicke der Insel leiten sollte.
Heute nun war es soweit. Justin feierte seinen 18. Geburtstag und sollte in einer feierlichen Zeremonie zum Fürsten von Sturmbergen ernannt werden. Nachdenklich stand der junge Mann auf dem Balkon und schaute auf den Innenhof der Residenz, wo die Garde sich zu einer Parade bereitmachte. Sein ganzes Leben lang war Justin darauf vorbereitet gewesen, einmal zu Regentschaft zu übernehmen, doch wäre es ihm nie in den Sinn gekommen, dies in so jungen Jahren tun zu müssen.
Dann begann das Fest. Wie so üblich trat ein Gratulant nach dem anderen vor und überreichte ein Geschenk. Justin bedankte sich jeweils artig, aber teilweise wusste er nicht zu sagen, wer grade an ihm vorbeigegangen war.
Dann trat der Rat der Insel, bestehend aus seiner Mutter, dem Kommandanten und 2 der ältesten Männer Sturmbergens auf ihn zu und legten mit einer feierlichen Rede die Geschicke der Insel in seine Hände.

Noch 10 Jahre lang war es ihm vergönnt gewesen, seine Mutter an seiner Seite zu wissen, die ihm stets mit Rat und Tat beiseite gestanden hatte, dann starb sie friedlich über Nacht.
Gross war das Entsetzen gewesen, Fürstin Candice war bei der Bevölkerung immer sehr beliebt gewesen. Auch der Kommandant der Garde, ein ehrenwerter, gerechter Mann, war gestorben und durch einen Nachfolger ersetzt worden. Oftmals fühlte Justin sich einsam.
Er wusste, daß die Bevölkerung schon geraume Zeit darauf wartete, daß er sich eine Gemahlin erwählen würde, doch jetzt, nach dem Tode seiner Mutter, konnte er es nicht mehr aufschieben. Als die Trauerzeit um die Fürstin vorüber war, liess er ein grosses Fest ausrichten. Jeder der Bewohner Sturmbergens wusste, daß er danach seine neue Fürstin kennenlernen würde und alle waren sehr gespannt.
Die Schneider, Schuhmacher und Juweliere konnten sich vor Aufträgen kaum retten, jede der jungen Damen aus der feinen Gesellschaft Sturmbergens wollte die Schönste sein und Eindruck auf den Fürsten machen.
Es wurde viel getanzt an diesem Abend und bald schon ging es auf Mitternacht zu. Justin hatte nicht die geringste Ahnung, welche der vielen hübschen Damen er erwählen sollte. Doch dann sah er sie. Nie zuvor war sie ihm aufgefallen, was er sich gar nicht erklären konnte.


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Schnell suchte er den Zeremonienmeister in der Hoffnung, etwas über sie zu erfahren. Dieser schaute in eine Liste mit den Namen der Anwesenden.
„Oh, die junge Dame heisst Melinda Ton'shen. Sie stammt aus Turmish, wo ihr Vater viel Land besitzt. Sie begleitet ihren Bruder Markus, der wohl in der Hoffnung, gute Geschäfte zu machen, herkam.“
Justin bedankte sich und ging zum Buffet, von wo aus er sie näher betrachten konnte. Melinda trug ein Kleid aus dunkelgrünem Samt, am Saum und am Ausschnitt mit goldenem Brokat abgesetzt. Bestimmt hatte es seinen Preis gehabt, aber es bestach durch Schlichtheit. Die Haut der jungen Frau war leicht gebräunt, ihr langes Haar von einem dunklen Rot. Sie hatte keinen Zopf geflochten, sondern ihr Haar in regelmässigen Abständen mit kleinen, goldenen Reifen gebändigt. Den Kontrast zu ihren grünen Augen empfand Justin als faszinierend und so bat er sie schliesslich um einen Tanz. Lächelnd stimmte sie zu und übergab ihr Glas an den Mann neben ihr, offenbar ihr Bruder, denn die Ähnlichkeit war unverkennbar.
Leicht wie eine Feder schwebte Melinda in Justin's Armen über die Tanzfläche und noch bevor der Tanz vorüber war wusste er, daß es diese oder keine Frau sein sollte, die er zur Fürstin erwähle wollte.
Er bedankte sich für den Tanz und bat dann ihren Bruder um eine Unterredung unter 4 Augen. Überrascht folgte ihm dieser in den Besprechungsraum. Als er dann von den Absichten des jungen Fürsten erfuhr, lächelte er „Nun, Mylord, meine Schwester wird sich sicherlich geschmeichelt fühlen von den Absichten eines edlen Mannes wie Ihr es seid. Aber diese Entscheidung trifft sie als Frau selbst, dies ist in unseren Landen so üblich.“
Nun war Justin überrascht, aber er lächelte ebenfalls. „Dann werde ich Eurer Schwester meine Absichten kund tun.“ er erhob sich wieder und man hätte den Eindruck gewinnen können, er habe keine Zeit zu verlieren.
Es gab viele erstaunte Blicke, als der Fürst die unbekannte Schöne ein zweites Mal auf die Tanzfläche führte und noch mehr Getuschel hinter vorgehaltener Hand, als er sie danach nach draussen auf den Balkon geleitete.
Im Umgang mit jungen Damen so gar nicht geübt, wusste Justin nicht, was er sagen sollte. Doch Melinda überspielte die Peinlichkeit, indem sie in eine Unterhaltung verwickelte. Sie hatte eine nette, leichte Art zu plaudern und auch den feinen Humor, den der junge Mann immer an seiner Mutter bewundert hatte. Längst war Mitternacht vorbei, als die Beiden immer noch auf dem Balkon standen und sich über die Gestirne am Himmel unterhielten. Als er nach ihrer Hand griff, entzog sie ihm diese nicht. Justin nahm allen Mut zusammen und bat sie darum, seine Gemahlin zu werden. Sie hauchte ihm einen leichten Kuss auf die Wange und lächelte „Mylord, ich denke, wir sollten uns erst einmal etwas besser kennenlernen.“

Viele der Gäste waren bereits gegangen, als Justin Melinda wieder in den Festsaal führte. Der Zeremonienmeister sah aus, als hätte er in eine Zitrone gebissen, aber sie merkten all dies nicht.
Die nächsten Wochen waren die Beiden unzertrennlich und dann setzten sie den Hochzeitstermin für den Tag der Sommersonnenwende fest.
20 Jahre waren ihnen vergönnt und Melinda schenkte ihrem Mann 3 Kinder. Ihr Sohn Horatio übernahm im Alter von 19 Jahren, 10 Tage nachdem sein Vater an den Folgen einer verschleppten Infektion gestorben war, die Regentschaft über Sturmbergen.

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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptySo 24 Jan 2016 - 11:58

Horatio

Ausgestattet mit dem hochgewachsenen und schlanken Körperbau seines Vaters, gepaart mit der Schönheit und dem Temperament seiner Mutter war der junge Fürst überall beliebt. Er war vielseitig interessiert, doch bereiteten ihm die Fechtstunden mit dem jungen Hauptmann der Garde das meiste Vergnügen. Manche Blessur trug er davon, doch stets ging er lachend darüber hinweg. Sehr zum Leidwesen der jungen Damen verbrachte er mehr Zeit auf dem Turnierplatz und in der Unterkunft der Garde, wo er mit den Männern trank und knobelte, als bei anderen Festivitäten. Und so war zumindest seine Mutter nicht sehr überrascht, als er mit grade 21 Jahren verkündete, die Schwester des Hauptmanns heiraten zu wollen. Auf ihre Frage, warum grade diese Braut, erhielt sie die lapidare Antwort „Weil sie mich versteht.“
Dem war eigentlich nichts hinzuzufügen. Auch Meghan war eher auf dem Rücken eines Pferdes zu finden als in der Küche oder der Nähstube.
Bei der Hochzeitsfeier jedoch trug sie ein Kleid, welches einer Königin würdig gewesen wäre und ein Raunen ging durch die Menge. Niemand ausser Horatio wusste, wieviel Zeit sie darauf verwandt hatte zu üben, wie man sich auf der Tanzfläche und auf einer Treppe in hohen Schuhen elegant bewegt. Melinda war die Einzige die bemerkte, wie sie heimlich unter dem Tisch die Schuhe auszog und ihre schmerzenden Füsse massierte. Lächelnd ging sie darüber hinweg, ihr Sohn war glücklich, das war für sie die Hauptsache. Und als sie ein Jahr später eine kleine Enkeltochter in den Armen hielt, war sie mehr als ausgesöhnt.
Die kleine Felicitas war bereits 2 Jahre alt als Meghan wieder guter Hoffnung war. Es war ein wunderschöner Sommertag, als das Unglück seinen Lauf nahm. Horatio und Meghan waren ausgeritten, es sollte nur ein kleiner Ausflug zum Tiamarosee werden, an dem die Beiden sich so gerne aufhielten. Horatio hatte seine kleine Tochter vor sich im Sattel sitzen und war so nicht in der Lage einzugreifen, als das Pferd seiner Gemahlin scheute und sie abwarf. Sie verlor das Kind, welches sie unter dem Herzen trug und war danach auch nicht mehr in der Lage, eins zu empfangen.

Einige Jahre waren ins Land gegangen, als ein Schiff mit dunkelroten Segeln in den Hafen einlief. Auch die Flaggen am Heck waren dunkelrot als Untergrund, jedoch waren auf diesen noch der Kopf eines Wolfes zu erkennen. Die Personen, die kurze Zeit später von Bord gingen, hatten eine wesentlich dunklere Hautfarbe als die meisten Menschen, rotbraunes Haar und durchweg dunkle Augen. Sie waren hochgewachsen und schlank, doch muskulös. Es handelte sich um 3 Männer und 2 Frauen, gekleidet jeweils in enganliegende Hosen aus Leder und einem ebensolchen ärmellosen Oberteil. Auch die Stiefel, die bis zu den Knien reichten, lagen eng an den Schenkeln an. An den Oberarmen trugen sie als einzigen Schmuck kunstvoll gearbeitete goldene Reifen, ebenfalls mit einem Wolfskopf verziert. Höflich fragte einer der Männer einen Hafenarbeiter, wo man gut speisen könnte und dieser verwies sie an die Taverne in der Ortschaft. Sie bedankten sich freundlich und kurze Zeit später nahmen sie dort ein ausgiebiges Mahl ein.
In den nächsten Tagen sah man die Fremden immer wieder in der Ortschaft. Sie kauften Obst und Wein, waren stets freundlich und höflich. Bald war auch die Kunde von der Ankunft der Fremden bis zur Residenz gelangt und Fürst Horatio, neugierig geworden, schickte einen Gardisten mit einer Einladung aus. Einer der Männer nahm die Depesche entgegen, überflog den Inhalt und nickte dann. „Teilt Eurem Herrn mit, daß wir seiner Einladung sehr gerne Folge leisten werden.“
Fürst Horatio hatte Anweisung gegeben, ein paar kleine Köstlichkeiten vorbereiten zu lassen, er selber war in den Weinkeller gegangen, um ein paar Flaschen vorzüglichen Weines


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bereitzustellen. Nun stand er an der Seite seiner Gemahlin und schaute den Ankömmlingen neugierig entgegen. Begrüssungsworte wurden gesprochen, ein paar Höflichkeiten ausgetauscht, bevor die Fürstin zu Tisch bat.
Die Männer hatten sich als Condyr, Soltar und Bared vorgestellt, die Namen der Frauen lauteten Lehla und Yasmin. Bei dem vorzüglichen Wein kam eine angeregte Unterhaltung zustande. Dann stellte der Fürst an Condyr die Frage, die ihm wohl schon geraume Zeit auf der Zunge brannte „Darf ich in Erfahrung bringen, was Euer Begehr ist hier auf dieser Insel?“Für einen Augenblick verstummte die Unterhaltung und 6 Augenpaare richteten sich auf Condyr. Der schlug kurz die Augen nieder und sah den Fürsten dann an. „Eine direkte Frage erfordert eine direkte Antwort nicht wahr, Mylord? Nun gut, ich will sie Euch geben. Vor einigen Jahren mussten wir unsere Heimat in den Wäldern nahe der Feuerdrachenbucht verlassen. Wir lebten dort seit vielen Jahrhunderten friedlich, doch mit zunehmender Besiedlung wurde unser Lebensraum immer mehr von Abenteurern, Bauern und fahrenden Händlergruppen eingeschränkt. Wir sind kein kämpferisches Volk, doch die Menschen hatten Angst vor uns und töteten viele. Unser Volk besteht mittlerweile aus nicht viel mehr als 150 Individuen.“ Condyr machte seufzend eine Pause.
Horatio hob eine Braue „Darf ich aus Eurer Formulierung entnehmen, daß Ihr Euch nicht als Menschen bezeichnen würdet?“
„Wir sehen aus wie Menschen, wir essen, trinken, fühlen wie Menschen und doch gibt es etwas, was uns unterscheidet.“ wieder war es Condyr, der die Antwort gab „Wir haben von Geburt an Fähigkeiten, die die meisten Menschen in Angst und Schrecken versetzt.“
„Hexer.“ entfuhr es der Fürstin, und sie legte erschrocken eine Hand auf den Mund.
„Nein, Mylady, wir sind keine Hexer. Allerdings verfügen wir durchaus über magische Fähigkeiten, eine davon besteht darin, daß wir unsere Gestalt wandeln können. Jedoch nicht in jede beliebige Gestalt können wir schlüpfen, sondern nur in die eines Wolfes.“
Nun war es gesagt. Lange Zeit herrschte Schweigen in der Runde. Fürst Horatio trank gedankenverloren einen Schluck Wein. Dann wandte er sich wieder an Condyr „Ich weiss Eure Ehrlichkeit zu schätzen. Darf ich noch fragen, über welche magischen Fähigkeiten Ihr noch verfügt? Ihr sagtet, der Gestaltwandel wäre eine davon.“
Condyr lächelte. „Unsere andere Fähigkeit ist bei weitem nicht so erschreckend. Wir sind in der Lage, die Energie der Elemente sozusagen direkt zu nutzen, um Heilungen herbeizuführen. Was uns in den Augen einiger Priester als mit dem Bösen in Bunde dastehen lässt.“
Horatio nickte verstehend. „Ihr sagtet, daß Euer Volk aus etwa 150 Personen besteht. Würden alle diese hier siedeln wollen?“
„Nein. Um das Überleben unseres Volkes zu sichern, teilten wir uns in 3 Gruppen auf. Es sind etwa 50 von uns, die sich hier niederlassen würden.“
„Ihr bildet also eine Vorhut. Wann wäre denn mit dem Eintreffen Eurer Gruppe zu rechnen, wenn ich denn die Erlaubnis geben würde, daß Ihr hier heimisch werden könnt?“ wollte Horatio wissen.
Wieder lächelte Condyr fein „Mylord, weitere 2 Schiffe mit Angehörigen meines Volkes liegen vor Eurer Südostküste vor Anker und sie warten auf meine Antwort.“
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptyMo 25 Jan 2016 - 18:34

An diesem Abend war nichts entschieden worden. Fürst Horatio hatte sich eine Bedenkzeit von 3 Tagen ausgebeten und die Daesuny, wie sie sich selbst nannten, hatten zugestimmt, auf seine Antwort zu warten. Bald darauf hatten sie sich verabschiedet und waren auf ihr Schiff zurückgekehrt.



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Nach langen Gesprächen mit seiner Gemahlin und seiner Mutter hatte Fürst Horatio am dritten Tag entschieden, den Daesuny zu erlauben, auf Sturmbergen zu siedeln. Für eine nicht unbeträchtliche Summe Goldes überliess er ihnen ein grosses Waldgebiet an der Südostküste. Er setzte ein Zeichen für die Bevölkerung, indem er persönlich in Begleitung des Kommandanten und 4 weiteren Gardisten in Galauniform am Hafen erschien, als 2 weitere Schiffe einliefen. Bei den Personen, die dann an Land kamen, handelte es sich um etwas mehr als 40 Erwachsene und 10 Kinder der verschiedensten Altersgruppen. Neugierig sahen sie sich um und beachteten das Getuschel der Hafenarbeiter und der sich am Hafen befindlichen Händler nicht.
Bereits nach kurzer Zeit hatten die Daesuny eine Ortschaft errichtet, die sich harmonisch in die Umgebung einfügte. Die Männer erwiesen sich als äussert geschickt in der Holzverarbeitung und die Bögen, die sie herstellten, waren Meisterwerke der Präzision. Die Frauen fertigten die feinsten Stoffe auf ihren Webstühlen und die Schneider des Ortes kauften ihnen diese nur zu gerne ab.
Zwischen Condyr und dem Fürsten hatte sich so etwas wie eine Freundschaft entwickelt und oftmals war er in der Residenz zu Gast, zumeist in Begleitung seiner Tochter Meela, mit ihren 12 Jahren gleichaltrig mit Felicitas. Bald schon waren die beiden Mädchen unzertrennlich.

Es war kurz vor dem 17. Geburtstag der Fürstentochter, als ihr Vater von einem Jagdausflug nicht mehr lebend zurückkehrte. Ein wilder Eber hatte ihn schwer verletzt und obwohl seine Begleiter ihn schnellstens nach Sturmbergen zurückgebracht hatten, war er auf dem Weg dorthin seinen Verletzungen erlegen. Fürstin Meghan liess ihn in die Residenz bringen und schickte dann nach Condyr. Während dieser den Fürsten dann untersuche, stand sie weinend und händeringend daneben, wohl auf ein Wunder hoffend.
„Es tut mir leid, Mylady“ Condyr schüttelte den Kopf, „aber ich vermag keine Toten zu erwecken.“
Das Begräbnis des allseits beliebten Fürsten fand unter grosser Anteilnahme der Bevölkerung statt. Danach zog sich die Fürstenfamilie in die Residenz zurück, um die Nachfolge zu bereden. Es war klar, daß Felicitas zu jung war, um die Geschicke der Insel zu leiten und so wurde beschlossen, daß ihr Vetter Benedikt, Sohn von Horatio's Schwester Salva, der neue Fürst werden würde. Er sollte regieren, bis Felicitas ihr 18. Lebensjahr vollendet haben würde.

Benedikt

In einer feierlichen Zeremonie wurde Benedikt Whitehill, der sich fortan Benedikt Fürst von Schattenfels nennen würde, zum Regenten der Insel ernannt. Der blasse, etwas dickliche junge Mann strahlte vor Stolz. Als er dann seine Cousine Felicitas zum Tanz aufforderte, zeigte diese ein säuerliches Lächeln, doch abschlagen konnte sie es ihm nicht, wollte sie keinen Eklat verursachen. Auf der Tanzfläche machte Benedikt keine gute Figur und so bedankte sie sich nach dem ersten Tanz artig und wollte sich etwas zu trinken holen. Doch der junge Mann folgte ihr und legte seine Hand auf ihre Schulter.
„Nun, meine liebe Cousine, wie würdest Du darüber denken, wenn wir die Insel gemeinsam regieren würden?“
Überrascht dreht Felicitas sich zum ihm um „Wie meinst Du das? Es ist beschlossen, daß Du regieren wirst, bis ich das entsprechende Alter erreicht haben werde. Danach werde ich Fürstin von Sturmbergen sein.“



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„Nun“ er lächelte sie an „es wäre nicht unangebracht, wenn Cousin und Cousine miteinander vermählt werden, zum Wohle eines Reiches.“
Felicitas schüttelte seine Hand ab „Du bist nicht bei Sinnen, Benedikt, niemals werde ich Deine Gemahlin werden.“ Als sie sich daraufhin von ihm entfernte, sah er ihr mit zusammengekniffenen Augen nach.

Felicitas und ihre Mutter hatten die Residenz verlassen und ein Haus bei den nördlichen Feldern bezogen. Meghan war es mehr als Recht, wurde sie doch in der Residenz zu sehr an ihren Gemahl erinnert, um welchen sie aufrichtig trauerte. Auch Felicitas vermisste all die feinen Dinge nicht, viel lieber war sie bei den Daesuny oder durchstreifte mit ihrer Freundin Meela den Wald. Vor allem war sie jedoch froh, Benedikt's Anwesenheit entkommen zu können, dessen arrogante und herablassende Art sie niemals gemocht hatte.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptyDi 26 Jan 2016 - 13:18

Nur mehr ein Monat war vergangen, als ein Gardist auf dem Marktplatz erschien und Neuigkeiten verkündete.
„An alle Händler, Handwerker und Wirte Sturmbergens. Benedikt, Fürst von Schattenfels, lässt verkünden, daß ab dem heutigen Tage, dem 10. des 6. Monats des Jahres 1255, von jedem von Euch der 4. Teil Eures Gewinns an seine Durchlaucht abzuführen ist. Die Pächter, welche ein Grundstück von seiner Durchlaucht gemietet haben, dies bestellen und Gewinn erzielen, zahlen ab sofort die doppelte Menge Goldes.
Ferner lässt seine Durchlaucht verkünden, daß Zuwiderhandlung gegen seine Anweisungen, Unterschlagung von Steuern und Schmuggel ebenfalls ab dem heutigen Tage mit Tod durch den Strang geahndet werden.“
Die Händler und Handwerker, die sich zu Beginn der Ankündigung um den Gardisten versammelt hatten, protestierten lautstark, hatte sich ihre Abgabe an die Regenschaft bislang nur auf den 10. Teil belaufen.
„Will der Fürst uns in den Ruin treiben?“
„Was denkt der sich dabei?“
„Das kann er doch nicht tun.“
Rufe schallten über den Marktplatz.
Der Gardist beachtete die wütenden Menschen nicht, sondern befestigte einen entsprechenden Aushang mit den Anweisungen des Fürsten auch noch an dem Brett, an welchem üblicherweise die Neuigkeiten zu lesen waren.
Noch bis tief in die Nacht hinein standen einzelne Grüppchen auf dem Marktplatz zusammen und taten ihren Unmut kund.

In den nächsten Tagen kamen auch viele Menschen nach Sturmbergen, die Grundstücke von der Regenschaft gepachtet hatten und diese bewirtschafteten. Die Taverne des Ortes war stets gut besucht, die Menschen trafen sich dort und beratschlagten, was nun zu tun sei. Die Abgabe, die der Fürst einforderte, würde für viele von ihnen bedeuten, daß sich ihre Arbeit nicht mehr lohnen und sie ihrer Existenz berauben würde. Schliesslich kam man überein, einen Vertreter zu bestimmen, der um eine Audienz beim Fürsten ersuchen sollte um zu versuchen, diesen zu einer anderen Entscheidung zu bewegen.
Die Wahl fiel auf den Schmiedemeister des Ortes, den alten Johann, der schon seit vielen Jahren seinem Handwerk in Sturmbergen nachging.
Johann machte sich also auf Richtung Residenz und bat die Wachen um Einlass. Diese



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begrüssten ihn zwar freundlich, erklärten ihm jedoch, daß sie ihn nicht ohne Erlaubnis des Fürsten einlassen könnten. Allerdings würden sie Benedikt von seiner Anwesenheit in Kenntnis setzen.
So wartete Johann geduldig auf eine Entscheidung . Stundenlang stand er in der heissen Sohne, bis einer der Gardisten zum ihm kam und ihm erklärte, daß der Fürst ihn nun empfangen würde. Erleichtert betrat der alte Mann die Residenz, wo ihn in den Steinmauern angenehme Kühle umfing.

Fürst Benedikt sass im Besprechungszimmer und würdigte ihn keines Blickes. Erst nach geraumer Zeit blickte er auf.
„Was wünscht Ihr, alter Mann?“ Sein Tonfall war herablassend und verriet Desinteresse.
„Mylord, ich spreche im Namen aller Pächter, Handwerker, Wirte und Händler. Wir möchten Euch bitten, Eure Entscheidung, die Steuern und Pacht zu erhöhen, noch einmal zu überdenken.“ Johann sprach langsam und bedächtig.
Das Gesicht des Fürsten rötete sich vor Zorn. „Ihr wagt es, eine meiner Anweisungen in Frage zu stellen?“ Sein Blick war lauernd.
Johann begriff, daß er sich auf ein sehr gefährliches Terrain begeben hatte und versuchte, zu beschwichtigen. „Nein, Mylord, nur sehen viele der Bewohner Sturmbergens ihre Existenz als gefährdet an, solltet Ihr auf den verlangten Abgaben bestehen.“
„Was interessiert mich das?“ Benedikt schlug mit den flachen Händen auf die Plattes des Schreibtisches, an welchem er sass. Sein Becher mit Wein kippte um und der Inhalt ergoss sich über die Schriftstücke, die sich darauf befanden. Ausser sich vor Wut sprang er auf.
„Ich dulde keinen Widerspruch. Ich bin der Regent dieser Insel und gedenke nicht, meine Anweisungen und Entscheidungen vor dem Pöbel zu verantworten.“
„Mylord“ Johann trat einen Schritt vor und setzte erneut zu sprechen an, doch Benedikt rief mit schriller Stimme nach den Wachen.
Als zwei Gardisten den Raum betraten, befahl er ihnen „Bringt diesen Aufrührer und Querulanten in den Kerker. Ich werde morgen eine Entscheidung treffen, wie mit ihm zu verfahren ist.“ Benedikt machte eine Geste, die keinen Zweifel daran zuliess, daß er die Unterredung als beendet ansah und Johann folgte den Wachen kopfschüttelnd.

Als der alte Schmied auch 3 Tage später noch nicht in den Ort zurückgekehrt war, wurde von der Bevölkerung die wildesten Spekulationen angestellt. Viele Menschen vermuteten schon, daß er verhaftet worden sei, doch dann wurde hinter vorgehaltener Hand geflüstert, daß man ihn zum Tode durch den Strang verurteilt hätte. Entsetzen machte sich breit.
Der Hauptmann der Garde machte sich heimlich auf, seine Schwester Meghan, die ehemalige Fürstin, zu besuchen. Er schilderte ihr die Lage und sie sagte zu, den Neffen ihres Gemahls aufzusuchen und zu einem Umdenken zu bewegen.
Aber auch sie wurde nicht umgehend vorgelassen. Wie eine Bittstellerin liess Fürst Benedikt sie in der heissen Sonne warten. Mitleidig brachten die Wachen ihr etwas Wasser, welches sie dankbar annahm. Erst als die Sonne bereits untergegangen war erhielt Meghan die Erlaubnis, die Residenz zu betreten.

Benedikt sass an dem alten, wertvollen Schreibtisch in dem grossen Raum, in welchem üblicherweise Gespräche geführt wurden. Wäre der Anlass des Besuchs nicht so ein ernster gewesen, Meghan hätte laut aufgelacht, als sie ihn so dasitzen sah. Der junge Mann war in




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ein fliederfarbenes Rüschenhemd gekleidet, welches seine Brust erkennen liess und den Blick auf eine protzige Goldkette frei gab. An beinahe jedem seiner dicklichen Finger trug er ebenfalls goldenen Ringe. Das Diadem, welches er trug, war Meghan nicht bekannt und sie vermutete, daß er es sich eigens hatte anfertigen lassen.
„Benedikt“ begann sie leise zu sprechen „ich bin hier, um Dich zu bitten, Deine zuletzt getroffenen Entscheidungen noch einmal zu überdenken. Die Menschen hier in Sturmbergen ...“ Sie unterbrach sich, als Benedikt aufsprang und ihr wütend ins Wort fiel „Was kümmern mich die Menschen von Sturmbergen, was kümmert mich der Pöbel?“ schleuderte er ihr entgegen.
Mit grossen Augen schaute Meghan ihn an „Das kann nicht Dein Ernst sein. Willst Du alles zerstören, was Deine Vorfahren hier auf dieser Insel angebaut haben? Den Menschen geht es gut und somit auch der Regenschaft. Warum willst Du einen alten Mann, der denen von Schattenfels immer treu gedient hat, dem Tode überantworten? Und bedenke, daß Du nur solange regieren wirst, bis meine Tochter Dich ablöst.“
Benedikt zeigte ein Grinsen, welches sie frösteln liess „Ach ja, meine wunderschöne Cousine Felicitas. Ich bot ihr vor geraumer Zeit an, bereits jetzt als meine Gemahlin an meiner Seite die Geschicke der Insel zu leiten, doch zog sie es vor, dies abzulehnen.“
Meghan schaute ihn entgeistert an und sein Grinsen wurde breiter „Ahhh, ich sehe, meine liebe Tante, dies war Euch nicht bekannt. Gebt mir die Hand Eurer Tochter und ich werde bestimmt einige bereits betroffene Entscheidungen und auch solche, die ich noch zu treffen beabsichtige, überdenken.“ Er sah sie lauernd an.
Meghan trat einen Schritt zurück, ihre Gedanken überschlugen sich. „Nun, dies kann ich nicht sofort zusagen. Aber ich verspreche, daß ich mit Felicitas sprechen und Dir alsbald eine Antwort zukommen lassen werde.“
Benedikt stolzierte vor dem Schreibtisch auf und ab wie ein Pfau. „2 Tage, meine liebe Tante, 2 Tage gebe ich Eurer schönen Tochter Bedenkzeit. Danach klebt das Blut des alten Schmiedes an ihren Händen.“

Beinahe im Laufschritt war Meghan in ihr Haus nördlich der Residenz zurückgekehrt. Entsetzt vernahm Felicitas, was zu berichten hatte „Mutter, das kann nicht Dein Ernst sein, daß ich mich mit diesem abscheulichen Mann vermählen soll?“ Tränen traten in ihre Augen und ihre Stimme zitterte bei diesen Worten.
Meghan legte den Arm um die Schultern ihrer Tochter „Mein Kind, ich verlange es nicht von Dir.“ sagte sie mit sanfter Stimme „ich berichte lediglich, was er mir auftrug, zu berichten.“
Felicitas begann, unruhig in dem geschmackvoll eingerichteten Wohnraum auf und ab zu gehen. Dann blieb sie stehen und sah ihre Mutter ernst an „Zwei Tage habe ich Zeit, nicht wahr? Gut, in zwei Tagen werde ich meine Entscheidung kundtun.“ Damit verliess sie das Haus, rannte davon und liess eine verzweifelte Meghan zurück.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptyMi 27 Jan 2016 - 18:58

Ihr Weg führte Felicitas in die Siedlung der Daesuny, wo sie Condyr aufsuchte und ihm alles erzählte. Dieser entzündete seine Pfeife und rauchte eine Weile schweigend, bevor er sie dann ernst ansah „Ihr werdet vermutlich viele Leben und Existenzen retten können, solltet Ihr Euch bereiterklären, Euren Cousin zum Gemahl zu nehmen.“ meinte er dann nachdenklich.
„Aber Ihr seid die Tochter eines edlen Mannes, Ihr werdet die richtige Entscheidung treffen.“
Felicitas begann zu weinen. Condyr stand auf und schenkte ihr einen Becher Wein ein, reichte ihn ihr dann an. Dankbar nahm die junge Frau den Becher an und trank einen Schluck.




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Der schwere, süsse Wein rötete ihre Wangen und liess sie schläfrig werden. Condyr legte ihr die Hand auf die Schulter „Schlaft, Felicitas, schlaft. Morgen werden wir weiterreden.“ Sie nickte nur und ihre Freundin Meela, die hinzugekommen war, führte sie dann in ihr einfaches Zimmer, in dem die Freundinnen schon so viele Nächte verbracht hatten.

Am nächsten Morgen erwachte Felicitas schon sehr früh und ihr Kopf schmerzte. Stöhnend erhob sie sich und verliess das Haus. Die frische Seeluft, die von Süden herwehte, tat ihr gut und sie ging zum Strand. Dort angekommen nahm sie auf einem der Baumstämme an der Feuerstelle Platz, an welcher die Daesuny oftmals in den Abenstunden sassen, sich Geschichten erzählten, assen und tranken. Viele Stunden verbrachte sie am Meer, während sie einfach nur so da sass und ihren ihren schweren Gedanken nachhing.
Gegen Mittag erhob sie sich und ging in die kleine Siedlung der Daesuny zurück. Der Geruch nach frisch gebackenem Brot umfing sie und liess sie merken, wie hungrig sie war.

Sie begab sich auf den Platz, auf welchem üblicherweise die Mahlzeiten gemeinsam eingenommen wurden und füllte sich etwas heisse Suppe aus einem grossen Topf in eine Schale. Ein Stück frisches Brot komplettierte ihre einfache Mahlzeit und damit setzte sie sich unter einen Baum und begann zu essen. Ihr offensichtlicher Wunsch nach Ruhe wurde respektiert, doch viele mitleidige Blicke gingen in ihre Richtung.

In der Residenz hatte sich Fürst Benedikt derweil mit zwei Männern ins Kaminzimmer zurückgezogen, einem Raum, welcher nur für Unterredungen im kleinen Rahmen gedacht war. Die Männer waren dunkel gekleidet, ihre Erscheinung wirkte ungepflegt. Doch dem Fürsten war dies offensichtlich egal. Er schenkte ihnen Wein in silberne Becher ein und setzte sich zu ihnen. Vor sich hatte er auf dem Tisch gefüllte Beutel stehen, die er während des Gesprächs immer wieder von einer Hand in die andere nahm, was ein klimperndes Geräusch verursachte. Die beiden Männer schauten mit gierigen Blicken hin, während sie den Anweisungen des Fürsten lauschten.
„Haben wir uns verstanden?“ fragte dieser nach einer Weile.
Die beiden Männer nickten und Benedikt schob die beiden Beutel über den Tisch zu ihnen hin. Einer inspizierte den Inhalt, nickte zufrieden und liess die Beutel dann schnell verschwinden.
„Enttäuscht mich nicht“ in Benedikt's Worten lag unverhohlene Drohung, als er dann aufstand und damit die Männer verabschiedete.
„Ich erwarte Nachricht über den ausgeführten Auftrag morgen in den Abendstunden.“
Leise und ungesehen, wie sie die Residenz betreten hatten, verliessen die beiden dunklen Gestalten diese auch wieder. Ihr Weg führte sie zur Südostküste.

Felicitas hatte lange Gespräche mit einigen der Daesuny geführt, doch zu einer Entscheidung war sie nicht gelangt. Sie verbrachte eine weitere Nacht in der Siedlung, erst am nächsten Morgen wollte sie nach Hause zurückkehren, um sich mit ihrer Mutter zu beraten. Vom Ergebnis dieser Unterhaltung wollte sie es abhängig machen, welche Entscheidung sie treffen und diese dann ihrem Cousin mitteilen würde.
Bevor sie aufbracht umarmte sie ihre Freundin Meela noch einmal.
Ihr Weg führte sie durch dichten Wald, doch hatte sie keine Angst. Sie mochte wohl etwa 2 Stunden unterwegs gewesen sein, als sie einen brennenden Schmerz im Rücken




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verspürte. Ihre Knie gaben nach, sie stolperte und fiel vornüber auf den Waldboden. Die junge Frau wollte sich wieder aufrichten, doch die Umgebung verschwamm vor ihren Augen und die Schmerzen im Rücken liessen sie aufstöhnen. Von weit her vernahm sie etwas wie ein Flüstern, als sie mit letzter Kraft ihren Kopf anhob, sah sie in das grinsende Gesicht einer abgerissenen, schwarz gekleideten Gestalt. Sie wollte etwas sagen, doch ihre Stimme gehorchte ihr nicht mehr. Dann umfing sie Dunkelheit.

Schnell untersuchten die beiden Männer den leblosen Körper und hoben ihn auf. Den Pfeil, welcher in ihrem Rücken steckte, brach einer von ihnen ab und brachte ihn in seinem Gepäck unter. Dann eilten sie mit ihrer Last Richtung Ortschaft.
Kaum dort angekommen machten sie lautstark auf sich aufmerksam und einige Wachen, darunter auch der Hauptmann, eilten herbei. Dieser gab Anweisung, daß seine Nichte unverzüglich ins Lazarett zu bringen sei. Dann stand er bleich vor den beiden Männern und forderte mit schneidender Stimme eine Erklärung. Viele Bewohner der Ortschaft waren mittlerweile hinzugekommen und standen abwartend und schweigend.
Einer der Schwarzgekleideten wandte sich an den Hauptmann und setzte zu sprechen an „Hoher Herr, mein Bruder und ich waren auf der Jagd in den Wäldern an der südöstlichen Küste. Wir folgten einer Spur, als wir die bedauernswerte junge Frau auf dem Boden liegend auffanden. Dies hier“ er holte den Pfeil aus seinem Gepäck und hielt ihn hoch „steckte in ihrem Rücken.“
Der Hauptmann nahm den Pfeil entgegen und besah ihn sich genauer. Bevor er noch etwas sagen konnte, sprach einer der Umstehenden aus, was offensichtlich war „Ein Pfeil der Daesuny.“
Gemurmel erhob sich und einige Stimmen wurden laut.
„Die Dunklen haben die Fürstentochter auf dem Gewissen.“

Beschwichtigend hob der Hauptmann die Hand.
„Noch ist nicht sicher, ob man ihr Leben nicht noch retten kann.“
Einer der Männer, die Felicitas nach Sturmbergen gebracht hatten, schüttelte den Kopf.
„Herr, sie war bereits tot, als wir sie fanden.“
Das Gesicht des Hauptmanns wurde maskenhaft starr. Dann gab er Anweisung, daß sowohl der Fürst als auch die Mutter der jungen Frau zu benachrichtigen sei.
„Und Ihr haltet Euch zu meiner Verfügung.“ herrschte er die beiden abgerissenen Gestalten an, bevor er ins Lazarett eilte. Dort kam ihm der Ilmaterkleriker bereits entgegen und sah ihn bedauernd an.
„Es tut mir leid, Herr, aber ich konnte nichts mehr für Eure Nichte tun.“

Als die Wachen Fürst Benedikt von dem ungeheuerlichen Vorfall berichteten, brachte dieser es fertig, ein paar Tränen zu vergiessen. Wehklagend schritt er vor seinem Schreibtisch auf und ab und die Wachen wagten es nicht, ein Wort zu sagen. Dann befahl er mit eisiger Stimme, daß nach dem Kommandanten zu schicken sei.
Der Kommandant eilte in die Residenz, salutierte vor dem Fürsten und sprach sein Beileid aus. Benedikt nickte knapp, dann gab er klare Anweisungen
„Nehmt jeden verfügbaren Gardisten, rekrutiert jeden aus der Bevölkerung, der mit einer Waffe umzugehen weiss. Dann begebt Ihr Euch zu der Siedlung des Mördergesindels, welches meine zukünftige Gemahlin auf dem Gewissen hat. Lasst keinen von ihnen am Leben.“
Nur einen kurzen Moment zögerte der Kommandant, dann salutierte er abermals und



28

verliess die Residenz, um dem Befehl nachzukommen. Bereits 2 Stunden später war ein Trupp bestehend aus 30 schwerbewaffneten Gardisten auf dem Weg in die Ortschaft. Dort angekommen befahl der Kommandant weiteren Wachen und ehemaligen Angehörigen der Garde, sich ihnen anzuschliessen und alsbald waren etwa 50 Männer auf dem Weg in die südöstlichen Wälder.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptyFr 29 Jan 2016 - 15:53

Felicitas Freundin Meela hatte ein ungutes Gefühl beschlichen, als diese sich allein auf den Weg gemacht hatte. Sie folgte ihr in einigem Abstand in der Gestalt einer jungen Wölfin und nur diesem Umstand war es zu verdanken, daß die Daesuny von dem feigen Mord erfuhren. Condyr hatte Anweisung gegeben, daß Frauen und Kinder die Siedlung sofort verlassen und sich weiter nördlich verstecken sollten. Begleitet von 4 kräftigen Männern waren sie aufgebrochen.
Nur mehr 15 Männer waren in der Siedlung zurückgeblieben und als die ersten schweren Schritte und das Klirren von Waffen und Rüstungen zu vernehmen war, befahl Condyr den Männern, sich zu verstecken. Allein stand er auf der Lichtung und wartete. Als der Trupp Bewaffneter diese erreichte, gab der Kommandant den Befehl, stehenzubleiben. Einen Moment starrten er und Condyr sich an und grade als dieser zu sprechen ansetzen wollten, schwirrte ein Pfeil durch die Luft und er ging röchelnd zu Boden.
Nur Momente später brach ein unbeschreiblicher Tumult los. Ein Rudel Wölfe brach aus dem Unterholz hervor und laute Schreie der Überraschung waren zu vernehmen, vermischt mit Schmerzensschreien derjenigen, die von den Wölfen angegriffen wurden. Noch bevor die Soldaten sich von ihrer Überraschung erholt hatten, lagen viele von ihnen am Boden, blutend mit zerfetzten Kehlen. Doch die Gardisten waren gut ausgebildete Kämpfer und die Streiche, welche sie mit ihren Schwertern führten, waren präsize und tödlich. Das schmerzerfüllte Jaulen der getroffenen Wölfe vermischte sich mit dem Kampflärm. Die Armbrustschützen, die am Rand der Lichtung in Stellung gegangen waren, verschossen einen Bolzen nach dem anderen und bald schon war der ungleiche Kampf entschieden.
Als der Kommandant über das Schlachtfeld schritt, zählte er 14 Kadaver, 20 seiner Männer hatten den Tod gefunden und viele waren verletzt. Grade als er Anweisung geben wollte, die Kadaver zu verbrennen, geschah das Ungeheuerliche. Ein toter Wolf nach dem anderen machte eine Umwandlung durch und alsbald lagen die Leichen von 14 Männern auf der Lichtung. Fassungslos und mit angstvoll aufgerissenen Augen hatten die Gardisten zugesehen. Auch der Kommandant war bleich geworden. Als er sich wieder gefasst hatte, gab er den Befehl nach Sturmbergen zurückzukehren. Die Verletzten so gut wie möglich stützend, traten sie den Rückweg an.

Als der Kommandant Fürst Benedikt berichtete, wurde klar, daß auch dieser nichts von den Fähigkeiten der Daesuny gewusst hatte. Er wurde hochrot vor Wut als er erfuhr, daß sich nur wenige von ihnen in der Siedlung befunden hatten.
„Dann sind sie gewarnt worden.“ schrie er mit schriller Stimme „Ihr habt einen Verräter in Euren Reihen.“
Der Kommandant hob die Brauen „Mylord, niemand von meinen Männern hat ein Interesse daran zu verhindern, daß ein feiger Mord gesühnt wird. Ich muss diese ungeheuerliche Anschuldigung entschieden zurückweisen.“
Benedikt sah ihn einen Moment mit einem flackernden Blick an, dann lenkte er ein.





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„Nun gut, es wird uns schon noch gelingen, dieses Gesindel auszurotten. Begebt Euch in die Ortschaft, erklärt dieses Wandlerpack für vogelfrei und versprecht jedem, der nachweislich einen von ihnen getötet hat, 50 Goldmünzen.“
Der Kommandant nickte und wollte sich bereits abwenden, als Benedikt ihm eine weitere Anweisung gab
„Ach ja, sorgt dafür, daß dieser Aufrührer, dieser Schmied, in den frühen Morgenstunden, dem Tode überantwortet wird. Er soll sein Ende am Galgen finden, wie ich es für derartige Vergehen vorgesehen habe.“
Mit müden Schritten verliess der Kommandant die Residenz, um die Befehle seines Herrn auszuführen.

Die Daesuny schien der Erdboden verschluckt zu haben. Obwohl sich viele Abenteurer, die das versprochene Gold lockte, aufmachten, blieb die Suche ohne Erfolg.
Bei der einen Hinrichtung blieb es nicht. In der folgenden Zeit unterschrieb Fürst Benedikt viele Todesurteile, viele davon für die geringfügigsten Vergehen. Unmut und Misstrauen herrschten unter der Bevölkerung. Den Menschen ging es schlecht, während sich die Truhen des Regenten mit immer mehr Gold füllten. Benedikt gab rauschende Feste und liess die erlesensten Dinge vom Festland herbringen. Er hatte sich mit einer jungen Frau aus der feineren Gesellschaft Sturmbergens vermählt, doch diese war nicht in der Lage gewesen, ihm lebende Kinder zu schenken. Nach zwei Fehlgeburten hatte sie einen Sohn geboren, doch auch dieser starb noch am selben Tag. Daraufhin verstiess er sie und erwählte bereits kurze Zeit später eine neue Fürstin, Mathilda. Diese hatte einem Sohn das Leben geschenkt, doch auch der kleine Junge kränkelte oft. Benedikt hatte schnell das Interesse an ihm verloren und widmete sich ganz den schönen, teuren Dingen, Tanz und Musik.
Fürstin Mathilda brachte den kleinen Dominik heimlich in den Tempel und der Kleriker gab ihm stärkende Kräuter. Sie erzog den Jungen weise und gerecht und als Benedikt eines morgens tot aufgefunden wurde, übernahm er die Regenschaft über Sturmbergen. Es wurde gemunkelt, daß bei seinem Tod Gift im Spiel gewesen sei, doch der Priester, der Benedikt's Leichnam untersuchte, stellte fest, daß er sich bei seinen Ausschweifungen eine Krankheit zugezogen hatte, der er letzten Endes erlegen war.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptySo 31 Jan 2016 - 13:45

Dominik

Es war eine schlichte Zeremonie, in welcher Dominik zum Herrscher über Sturmbergen ernannt wurde. Ernst liess der junge Mann sie über sich ergehen und wohnte dann der kleinen Feier bei, die am Anschluss stattfand.
Dominik war sehr schlank, mittelgross, sein dunkelbraunes Haar trug er schulterlang. Artig unterhielt er sich mit den anwesenden Gästen, stellte und beantwortete Fragen, lachte und scherzte mit ihnen. Als das Fest um Mitternacht beendet wurde, verabschiedete er jeden einzelnen von ihnen persönlich. Dann begab er sich in seine Gemächer, doch er fand keinen Schlaf. Er setzte sich an einen kleinen Schreibtisch, nahm Papier und Stift zur Hand und begann zu schreiben.
Kaum war die Sonne aufgegangen, als er nach dem Kommandanten schicken liess. Der Kommandant, der unter seinem Vater gedient hatte, war gestorben und durch einen neuen ersetzt worden. Es war ein noch junger Mann von kräftiger Statur mit einem offenen und ehrlichen Gesicht. Dominik, am Schreibtisch im Besprechungsraum sitzend, sah ihm



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entgegen und begrüsste ihn freundlich. Der Kommandant schien mehr als erstaunt, als ihm ein Sitzplatz angeboten wurde.
„Ich habe die letzte Nacht damit verbracht, einige Anweisungen für die Bevölkerung auszuarbeiten. Ich wünsche, daß Ihr diese in der Ortschaft verkündet.“ Dominik schob ein Schriftstück über den Schreibtisch und der Kommandant überflog die Zeilen. Überrascht sah er auf und lächelte dann. „Eine weise Entscheidung, Mylord.“
Dominik lächelte ebenfalls und fuhr dann fort „Ferner wünsche ich, daß ein vertrauenswürdiger Mann die Gerichtsbarkeit in der Ortschaft übernimmt, so dass dort für geringfügige Vergehen unmittelbar Recht gesprochen wird. Ich habe vor, die Gesetze des Fürstentums mit ihm gemeinsam zu überarbeiten und zu erneuern. Kennt Ihr einen ebensolchen Mann?“
Der Kommandant überlegte nur kurz, dann nickte er. „Der Vater meines Hauptmanns ist ein rechtschaffener Mann. Er wurde auf Sturmbergen geboren und kennt die Bedürfnisse der Bevölkerung nur zu gut. Geoffrey Pierce ist sein Name.“
„Dann wünsche ich diesen Herrn zu sprechen. Sorgt dafür, daß er alsbald hier erscheint und verkündet in der Zwischenzeit der Bevölkerung meine neuen Anweisungen.“ damit erhob sich der junge Fürst und der Kommandant tat es ihm nach.
„Nur zu gerne, Mylord.“

Misstrauisch sagen die Menschen dem Kommandanten entgegen, als dieser in Begleitung von vier Gardisten auf dem Marktplatz erschien und Neuigkeiten ankündigte. Doch als sie dann vernahmen, daß die Steuern und die Pacht mit Beginn des 28. Tages des 9. Monats des Jahres 1282 wieder auf die ursprüngliche Höhe gesenkt worden waren, brandete Jubel auf und viele Männer klopften sich erleichtert auf die Schultern.

Geoffrey Pierce war mehr als erstaunt, als er eine Einladung in die Residenz erhielt, doch er kam dieser unverzüglich nach. Gemessenen Schrittes durchquerte er den Besprechungsraum und verneigte sich vor dem Fürsten. Dieser bot ihm einen Sitzplatz an und trug sein Ansinnen vor. In den nächsten Tagen waren die beiden Männer damit beschäftigt, die Gesetze des Fürstentums auszuarbeiten.
Müde hielt der junge Fürst sich die Schläfen und auch der ältere Mann wirkte übernächtigt. Doch beiden waren erleichtert, als die Arbeit vollendet war.
„Ich denke, damit kann jeder Bürger Sturmbergens leben.“ Geoffrey Pierce nickte zufrieden „Allerdings wird es noch eine Weile dauern, bis die Ortschaft wieder in altem Glanz erstrahlt.“
Der Fürst sah ihn erstaunt an „Wie darf ich Eure Worte verstehen?“
Pierce setzte zu einer Erklärung an „Nun, Mylord, viele notwendige Reparaturen an Gebäuden, Hafenanlagen und Stallungen sind lange Zeit nicht durchgeführt worden, da es den Bürgern an den nötigen Mitteln fehlte.“
Dominik nickte verstehend. „Dann möchte ich Euch bitten, mir eine Liste mit den dringlichst notwendigen Arbeiten anzufertigen. Ich werde dann meinen Obulus dazu beitragen, daß diese ausgeführt werden können.“
Gemeinsam tranken die Männer noch einen Becher Wein, dann kehrte Pierce nach Sturmbergen zurück.

In der nächsten Zeit konnten sich die Handwerker Sturmbergens vor Aufträgen nicht retten.




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Viele Dächer, Türen und Stallungen waren reparaturbedürftig und ebenso Mauern und Geländer. Oftmals sah man Fürst Dominik persönlich den Fortgang der Arbeiten überwachen. Ruhe und Zufriedenheit kehrten wieder in Sturmbergen ein.

Die Jahre waren wie im Fluge vergangen. Es waren Jahre gewesen, in welchen es der Bevölkerung gut gegangen war. Die Ortschaft Sturmbergen hatte sich ausgebreitet und eine neue Siedlung war im Norden, auf halbem Weg nach Iysenfeld, und eine Weitere an der westlichen Küste gegründet worden.
Dominik hatte in Geoffrey Pierce einen väterlichen Freund gefunden und sein Haus gerne und oft besucht. Mit Wohlgefallen hatte er dessen jüngste Tochter Corinna aufwachsen sehen und, kaum daß sie das heiratsfähige Alter erreicht hatte, um ihre Hand angehalten. Es war eine wunderschöne Feier gewesen und Corinna, längst heimlich in den Fürsten verliebt, war überglücklich. Ihr Glück wurde vollkommen, als sie ihrem Gemahl in den nächsten Jahren zwei Söhne schenkte.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptySo 31 Jan 2016 - 13:48

Unterschiedlicher hätten die beiden Söhne des Fürsten nicht sein können. Jasper, der ältere der beiden Brüder, war ein aufgewecktes, charmantes Kind, welches vielseitig interessiert war. Philipp, zwei Jahre jünger als sein Bruder, erschien oftmals geistesabwesend und verträumt. Während Jasper meist in der freien Natur zu finden war und lange Ausritte liebte, verliess er die Residenz kaum.
Fürst Dominik und Fürstin Corinna hatten den Entschluss gefasst, an Japer's 20. Geburtstag die Geschicke Sturmbergens in dessen Hände zu legen. Die Vorbereitungen für die Feier waren in vollem Gange, als ein aufgeregter Gardist den Fürsten zu sprechen wünschte. Als er Dominik gemeldet wurde, liess dieser ihn eintreten und sah ihm erstaunt entgegen.
„Mylord“ der Gardist trat schnell auf den Schreibtisch zu, an welchem der Fürst sass „mir wurde aufgetragen Euch mitzuteilen, daß Euer Sohn Jasper ins Lazarett eingeliefert wurde. Er hatte einen Reitunfall und sich bei dem Sturz einen Beinbruch zugezogen.“
Bei den ersten Worten des Gardisten hatte Dominik entsetzt aufgeschaut, doch nun entspannte er sich wieder. Tief atmete er ein und aus, dann stand er auf. „Bitte lasst anspannen, die Fürstin und ich werden uns unverzüglich auf den Weg zum Lazarett machen.“ Der Gardist nickte und verliess die Residenz eilends.

Im Lazarett angekommen schaute Jasper seinen Eltern zerknirscht entgegen.
„Es tut mir leid, wenn ich der Grund für solch Aufregung bin, aber mein Pferd scheute vor einer Schlange und ich war darauf nicht vorbereitet.“
Liebevoll strich Fürstin Corinna ihrem Sohn eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Schon gut, es hätte schlimmer ausgehen können. Ruh' Dich aus.“
Als das Fürstenpaar sich davon überzeugt hatte, daß ihrem Sohn nichts Schlimmes zugestossen war, kehrte der Fürst in die Residenz zurück, während seine Gemahlin sich ein Lager im Lazarett herrichten liess.
Es war grade Mitternacht, als Corinna das leise Stöhnen ihres Sohnes vernahm. Sie stand auf, um nach ihm zu sehen. Als sie die Hand auf seine Stirn legte stellte sie fest, daß diese glühendheiss war. Schnell schlug sie Alarm und der herbeigeeilte Priester untersuchte den jungen Mann. Dann machte er ein ernstes Gesicht.
„Mylady“ wandte er sich an die Fürstin „Euer Sohn hat Fieber bekommen, wohl entstanden durch den Bruch des Knochens.“




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Corinna sah ihn verständnislos an „Aber der Bruch eines Knochens ist doch nichts lebensbedrohliches, Ihr könnt ihm doch helfen, oder?“
„Ich werde mein Möglichstes tun.“ Mit diesen knappen Worten begann der Priester mit seiner Arbeit. Er zerkleinerte Kräuter mit dem Mörser in einer Schale, steckte diese in Brand und stellte die Schale mit dem Räucherwerk neben das Lager des jungen Mannes. Dann flösste er ihm eine übelriechende Medizin ein und kniete sich nieder zum Gebet. Doch Ilmater erhörte seinen Diener nicht, der junge Jasper starb ein paar Stunden später an der Vergiftung, die durch Erreger, welche an der Bruchstelle des Knochens eingedrungen waren, verursacht worden war.

Bleich und mit wirren, zerzausten Haaren stürmte die Fürstin in die Residenz. Ihr Gemahl schaute sie erstaunt an und stand dann vom Schreibtisch auf.
„Was ist geschehen, mein Herz?“
Sie warf sich ihm in die Arme, kaum fähig zu sprechen. „Jasper ist tot.“ flüsterte sie, bevor sie kraftlos zusammensank.

Fürst Dominik war nach dem Tode seines älteren Sohnes ein gebrochener Mann. Sein Haar war eisgrau geworden und Sorgenfalten durchzogen sein Gesicht. Oftmals betrachtete die Fürstin ihn, sie wusste, wie müde er war, doch wollte er die Geschicke des Fürstentums noch nicht in Philipp's Hände legen. Sie verstand ihn nur zu gut. Jasper war es gewesen, der ab seinem 12. Lebensjahr darauf vorbereitet worden war. Philipp jedoch ging weiterhin träumerisch und desinteressiert an dieser Aufgabe durch die Welt. Schliesslich kam das Fürstenpaar überein, ihrem Sohn für die Zeit seiner Regentschaft einen Berater an die seine zu stellen. Ihre Wald fiel auf Constantin Pierce, den Bruder der Fürstin, der nach dem Tode von Geoffrey das Amt des Richters in Sturmbergen innehatte und sie verfassten gemeinsam ein entsprechendes Dokument. An Philipp's 25. Geburtstag schliesslich ernannte Dominik seinen Sohn zum Fürsten von Sturmbergen. Bei der Zeremonie standen Philipp und Constantin nebeneinander und gelobten feierlich, das Fürstentum nach bestem Wissen und Gewissen zu leiten.

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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptyDi 2 Feb 2016 - 17:47

Philipp

Mit Sorge musste Constantin feststellen, daß sein Neffe Philipp auch in der darauf folgenden Zeit keinerlei Interesse an den Regierungsgeschäften zeigte. Fürst Dominik war vor einem Jahr verstorben und seine Schwester Corinna war ihrem Gemahl nur bald darauf gefolgt. Philipp gefiel sich seit neuestem in der Rolle des Lebemannes, feierte ausgiebige Feste, umgab sich mit Künstlern und solchen, die sich dafür hielten. Auch Kathrin, die junge Frau, der er den Hof machte, hielt sich für eine begnadete Sängerin. Oftmals jedoch hatte ihr Geträller Constantin eine Gänsehaut verschafft und auch die Wachen verdrehten ein ums andere Mal die Augen, wenn ihre Stimme durch die Residenz schallte.
Wieder einmal hatte eine Festlichkeit bis in die frühen Morgenstunden angedauert. Constantin sass längst an seinem Schreibtisch, als sein Neffe mit geröteten Augen in den Besprechungsraum kam. Anscheinend hatte er dem Wein ein bischen zu sehr zugesprochen, denn seine Stimme klang immer noch etwas verwaschen, als er fragte
„Mein lieber Onkel, weisst Du eigentlich, daß die Riesen oben im Gebirge mehr Gold besitzen als wir?“



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Philipp liess sich schwer in einen Sessel fallen und verzog leicht das Gesicht. Constantin sah ihn erstaunt an. „Nein, das ist mir nicht bekannt. Ich schlage allerdings auch vor, daß Du etwas heisse Brühe zu Dir nimmst und ein paar Stunden schläfst.“

„Nein, nein, nein“ Philipp fuchtelte mit der rechten Hand in der Luft herum. „Ich will jetzt erst wissen, warum das so ist. Warum haben Riesen Gold?“ Mehrmals wurde seine Rede von einem Schluckauf unterbrochen.
„Mein lieber Junge,“Constantin klang nun etwas ungeduldig „ich weiss nicht, woher Du diese Informationen hast. Ich weiss nicht, ob Riesen Gold besitzen und es interessiert mich auch nicht. Von mir aus kannst Du Dich jedoch gerne auf den Weg ins Gebirge machen und sie fragen.“
„Mach ich.“ Philipp stemmte sich schwerfällig aus dem Sessel hoch und verliess leicht schwankend den Raum. Constantin sah ihm kopfschüttelnd nach und vergass das Gespräch sofort wieder.

Nie wirklich erpicht darauf, seinem Neffen zu begegnen, hätte Constantin im Nachhinein gar nicht sagen können, wann er diesen zuletzt gesehen hatte. Kathrin's Stimme war durch die Flure der Residenz geschallt und so wähnte er Philipp ebenfalls anwesend. Froh, mal etwas anderes zu sehen und zu hören, machte er sich auf nach Sturmbergen, wo er in seiner Amtsstube einmal in der Woche Recht sprach. Bei seiner Ankunft waren bereits einige Bürger versammelt, aber wie meist handelte es sich nur um kleinere Streitigkeiten, die schnell beigelegt waren. Um die Mittagszeit herum wollte er sich in die Taverne begeben, um eine Kleinigkeit zu essen, als er durch laute Rufe aufmerksam wurde.
Ein Reiter war in gestrecktem Galopp von Norden aus auf den Marktplatz geritten und er schrie „Überfall, Überfall“ Constantin rannte zu ihm hin und auch die Wachen kamen eilends herbei. Der noch junge Mann war vom Pferd gesprungen und liess sich erschöpft einfach auf dem Boden nieder. Einer der Wachmänner herrschte ihn an
„Was für ein Überfall, wer ist überfallen worden? So sprecht.“
„Unsere Siedlung im Norden, Bergfeld, ist überfallen worden.“ der Junge war offensichtlich am Ende seiner Kraft, doch er berichtete weiter. „Es waren riesenhafte Geschöpfe. Sie fielen in den Ort ein und metzelten alles nieder.“ Der blanke Horror war ihm ins Gesicht geschrieben.
In Constantin's Kopf jagten sich die Gedanken, als er den Bericht vernahm. Er sah sich gehetzt um „Wo ist der Fürst?“ Entsetzt musste er vernehmen, daß der Fürst sich vor einigen Tagen mit seinen Kumpanen nach Norden begeben hatte und einige Gardisten ihn begleitet sollten. Da er offensichtlich einen Jagdausflug plante, hatte sich niemand dabei ernsthaft Gedanken gemacht. Constantin versuchte, von dem Jungen aus Bergfeld weitere Informationen zu erhalten. Stockend berichtete dieser, daß der Fürst und sein Gefolge in Bergfeld gewesen seien, dann aber weiter Richtung Norden geritten. Vor 2 Tagen habe man dann fuchtbare Schreie vernommen, von Menschen aber auch wie von wilden Tieren. Dann habe die Erde gebebt und das Unheil war über den kleinen Ort gekommen. Riesenhafte Kreaturen mit Keulen oder flammenden Schwertern hätten die kleine Siedlung dem Erdboden gleichgemacht. Viele Menschen seien erschlagen worden. Als der junge Mann berichtet hatte, fiel die Starre des Entsetzens von ihm ab und er begann zu weinen.
„Wo ist der Kommandant?“ Constantin schrie die Worte fast.
„Man hat ihn bereits benachrichtigt.“ erklärte eine der Wachen.




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Der Kommandant erschien nur Momente später hoch zu Ross und verschaffte sich einen Überblick über die Lage. Dann stieg er ab und nahm Constantin beiseite.
„Offensichtlich hat seine Durchlaucht unbeabsichtigt einen Konflikt mit den Riesen des Gebirges herbeigeführt. Wir müssen uns ein Bild davon machen, wie es im Norden aussieht und ob der Fürst und seine Begleiter noch am Leben sind.“
Constantin nickte. „Stellt eine Truppe zusammen, die Euch nach Norden begleitet, doch lasst einige Wachen zum Schutze Sturmbergens zurück. Der Hauptmann soll diese während Eurer Abwesenheit befehligen.“
Bald darauf machte sich eine Gruppe berittener Gardisten, bestehend aus 17 Schwertkämpfern und 13 Armbrustschützen, unter dem Befehl des Kommandanten auf den Weg nach Norden.

In der Nähe von Bergfeld angekommen, liess der Kommandant anhalten. Bereits von weitem war dichter Rauch zu sehen und ein beissender Geruch stieg den Männern in die Nase. Der Kommandant liess absitzen und die Pferde abseits des Weges unterbringen. Zwei Männer wurden vorausgeschickt, die sich ein Bild von der Lage machen und dann berichten sollten. Vorsichtig und kampfbereit, jede Deckung ausnutzend, betraten sie die kleine Siedlung oder das, was einmal Bergfeld gewesen war. Der Gestank war unerträglich und so banden sie sich Tücher vor Mund und Nase. Ihnen bot sich ein Bild des Grauens. Gebäude und Stallungen waren zerstört, an vielen Ecken schwelten noch Feuer. Überall lagen tote Körper von Menschen und Tieren, aber auch von den riesenhaften Wesen. Die Bergfelder mussten sich, obwohl überrascht, tapfer gewehrt haben. Die beiden Männer überzeugten sich davon, daß niemand mehr am Leben war und kehrten dann zu ihrer Gruppe zurück. Ernst lauschte der Kommandant ihrem Bericht.
„Wir werden weiter nach Norden vordringen.“ entschied er dann „Unsere vorrangige Aufgabe ist es herauszufinden, ob seine Durchlaucht noch am Leben ist.“
Schweigend sassen die Gardisten auf und setzten ihren Weg fort.

Bald schon waren sie am Fusse des westlichen Gebirges angekommen, dem Gebiet der Riesen, welches bislang jeder Regent der Insel als solches respektiert hatte. Hier gab es keinen befestigten Weg mehr und ihr Weg führte die Männer durch ein dichtbewachsenes Waldgebiet. Oftmals stolperte eines der Pferde und immer wieder waren leise Flüche zu vernehmen. Als sie sich dem Waldrand näherten, ging die Sonne bereits unter und der Kommandant machte Zeichen, anzuhalten. Die Männer sassen ab und banden die Pferde fest. Der Kommandant scharte seine Männer um sich und teilte ihnen seine Entscheidung mit.
„Ich werde mit 6 Männern im Schutze der Dunkelheit weiter vordringen und kundschaften. Die anderen warten hier. Sollten wir bis zum Morgengrauen nicht zurückgekehrt sein, reitet Ihr nach Sturmbergen zurück und unternehmt alles Notwendige zum Schutze der Ortschaft.“
Er wählte 3 Schwertkämpfer und 3 Armbrustschützen als seine Begleiter aus und, kaum dass die Sonne untergegangen war, brachen die Männer auf.
Sie überquerten eine kleine Lichtung im Laufschritt und drangen dann an einer Felswand entlang weiter vor nach Norden. Es gab keine Möglichkeit, diese zu erklimmen und so gingen sie schweigend und im Gänsemarsch immer weiter. Im Schutze der Dunkelheit kamen sie gut voran, doch dann stand ein voller Mond am Himmel. Zu ihrem Glück, hätte man meinen mögen, denn grade hatten die Männer eine Treppe entdeckt, die in die Steine gehauen war, als der Kommandant seinen Männern Zeichen machte, stehenzubleiben. Er wies auf einen Felsvorsprung hin, auf welchem eine riesenhafte Gestalt zu erkennen war. Eng drückten sich die Männer an die Felswand und starrten nach oben. Noch nie war ein



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Bewohner Sturmbergens einem Riesen derart nahe gekommen. Etwa 4 Meter gross stand die Gestalt dort, die Ebene zwischen dem Felsmassiv und dem Wald beobachtend. Sie war bis auf einen ledernen Lendenschurz unbekleidet, so daß die riesigen Muskelberge gut zu erkennen waren. In der rechten Hand hielt sie einen Knüppel von der Grösse eines ausgewachsenen Mannes. Als der Riese für einen Moment in eine andere Richtung sah, suchten die Männer schnell unter dem Felsvorsprung Deckung. Ohne ein Wort zu sprechen machte der Kommandant seinen Männern klar, daß sie hier verharren sollten, während er selber die Steintreppe erklimmen wollte. Er entledigte sich aller metallenen Gegenstände wie Schwert und Brustpanzer und legte diese auf den Boden.

Als der Mond für einen Moment hinter einer Wolke verschwand, begann der Kommandant damit, die steile Steintreppe zu erklimmen. Sie war grob in den Felsen gehauen und offenbar für grössere als menschliche Füsse gedacht. Immer wieder sah er sich nach dem Riesen um, doch dieser starrte in die andere Richtung, als gäbe es dort etwas Interessantes zu sehen. Er kletterte weiter und schon bald vernahm er Stimmen von der anderen Seite der Felswand. Leise und vorsichtig erklomm er das letzte Stück der Treppe. Oben angekommen robbte er über den Boden und blickte hinab. Er stellte fest, daß eine ebensolche Treppe auf der anderen Seite hinunterführte. Er sah etwa 50 Riesen, die in einem Talkessel versammelt waren, manche von ihnen beinahe unbekleidet, andere wiederum in Rüstung. Sie hatten mehrere Feuer entzündet und liessen sich einen Braten schmecken. Dem Kommandanten drehte sich beinahe der Magen um, als er erkannte, daß es sich dabei um ein Pferd handelte.
Er versuchte, mehr zu erkennen und entdeckte weitere Pferde, angebunden zwar, aber immerhin lebendig. Es musste sich dabei um die Pferde des Fürsten und seiner Begleiter handeln, so hoffte der Mann zumindest. Dann sah er einen Steinwall, offenbar schnell aus Geröll aufgeschichtet. Dahinter waren Bewegungen von etwas viel Kleinerem als den Riesen zu erkennen, aber er hätte nicht sagen können, ob es sich um weitere Tiere oder Menschen handelte.
Er robbte zurück und machte sich an den Abstieg. Der Mond war hinter dem Gebirge verschwunden und so herrschte vollkommene Dunkelheit. Bemüht kein Geräusch zu verursachen, stieg er Stufe um Stufe hinab. Er versuchte, den Riesen auf dem Felsvorsprung auszumachen, aber in der Schwärze der Nacht konnte er nichts erkennen. So tastete er sich, unten angekommen, an der Felswand entlang und erreichte schliesslich den Unterschlupf, in welchem seine Männer sich befanden. Flüsternd berichtete er.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptyFr 5 Feb 2016 - 17:52

„Wir warten hier, bis wir etwas erkennen können. Dann schalten wir den Wächter aus und holen die anderen her. Wir werden angreifen müssen, wollen wir das Leben des Fürsten und seiner Begleiter retten.“ tat er dann seine Entscheidung kund.
Schweigend warteten die Männer ab. Als es etwas heller wurde, verliess einer der Armbrustschützen die Deckung vorsichtig und sobald er in Schussposition war, schoss er einen Bolzen ab. Der Riese hatte ihn im letzten Moment noch entdeckt, doch der Bolzen traf ihn am Hals. Statt eines Schreis kam ein gurgelndes Geräusch aus seiner Kehle, Blut lief über seine nackte Brust und er ging röchelnd in die Knie. Der zweite Bolzen traf ihn ins Herz, er sackte vornüber und blieb leblos liegen. Schnell kehrte der Schütze zu den anderen Männern zurück.
„Der Wächter ist tot, Herr.“
Der Kommandant nickte zufrieden und bestimmte zwei Männer, die zum Wald zurückkehren und die anderen Gardisten holen sollten. Eilends wurde ihnen dabei geholfen, die Brustpanzer abzulegen, wodurch sie sich schneller und leiser bewegen konnten.



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Noch bevor die Sonne die ersten Strahlen über die Ebene schickte, erreichten die Männer den Waldrand und berichteten den anderen über den geplanten Angriff. Sie liessen die Pferde zurück und folgten.
Der Kommandant erklärte seinen Männern dann die Gegebenheiten und seinen Plan
„Wir werden eine steile Treppe erklimmen müssen. Es ist ein anstrengender Aufstieg, doch wir werden uns beeilen müssen. Wir wissen nicht, ob und wann der getötete Wächter abgelöst wird. Sobald auch nur einer der Riesen auf dem Felskamm erscheint sind wir entdeckt und unsere Mission gescheitert. Sollten wir unbemerkt nach oben gelangen, sind wir im Vorteil. Soweit ich feststellen konnte, besitzen die Riesen keine Fernkampfwaffen. Wir werden so viele wie möglich von ihnen töten und dann die Gefangenen befreien, sollte es sich wirklich um den Fürsten und seine Begleiter handeln.“
Er machte eine Pause, sah in die Runde und als die Männer ihm zunickten, fuhr er fort
„Die Armbrustschützen werden also ihre Brustpanzer ablegen, um die Treppe schneller erklimmen zu können. Die Schwertkämpfer bleiben gerüstet und folgen nach. Dadurch wird der Aufstieg zwar länger dauern, doch sind die im Nahkampf geschützt.“
Der Kommandant konnte in den Gesichtern seiner Männer lesen, was sie über einen Nahkampf mit einem Riesen dachten, doch niemand machte einen Einwand.
„Sollten wir nicht Sturmbergen berichten?“ gab lediglich einer der Männer zu bedenken.
Der Kommandant runzelte die Stirn.
„Uns bleibt keine Zeit, Erlaubnis von dem Berater des Fürsten für unsere geplante Aktion einzuholen, wenn Ihr das meint.“ Er sah den Gardisten ernst an. „Aber Ihr habt Recht. Zwei von Euch werden nach Sturmbergen reiten. Für den Fall, daß wir nicht zurückkehren, lasst die Ortschaft sichern, rekrutiert jeden waffenfähigen Mann zur Verteidigung.“
Er bestimmte die beiden jüngsten Gardisten für diesen Auftrag, die sich dann auch sofort auf den Weg machten. Derweil waren die anderen damit beschäftigt, den Armbrustschützen beim Ablegen der Brustpanzer zu helfen.
„Sobald die ersten von Euch oben angekommen sind, gehen sie in Deckung und warten auf die anderen. Erst wenn alle das Ende der Treppe erreicht haben, beginnt Ihr gleichzeitig mit dem Bolzenhagel.“ gab der Kommandant eine letzte Anweisung.
Die Männer nickten und begannen mit dem Aufstieg.

Die ersten Gardisten, die das Ende der Treppe erreichten, legten sich flach auf den Bauch und robbten ein Stück beiseite, um den anderen Platz zu machen. Erst als alle 13 Männer oben waren, standen sie langsam auf, luden ihre Waffen und traten dann in einer Reihe zur anderen Seite des Felskammes. Keinen Moment zu früh, denn einer der nur mit einem ledernen Schurz bekleideten Riesen hatte bereits einige Treppenstufen hinter sich gebracht. Zwei schnell abgefeuerte Bolzen stoppten ihn und er stürzte nach hinten. Doch die Bolzen hatten ihn nicht sofort getötet und er schaffte es, sich wieder aufzurichten und auf die Knie zu kommen. Er stiess einen markerschütternden Schrei aus, bevor er dann nach vorn sackte und liegenblieb.
Aus dem Lager der Riesen waren überraschte Schreie zu vernehmen, dann kamen einige von ihnen auf die Steintreppe zugelaufen, unter wütendem Gebrüll die Keulen schwingend. Doch die Schützen stoppten jeden von ihnen. Einige der Riesen hatten offensichtlich noch geschlafen, als der Angriff begann, doch nun hatten sie sich erhoben und formierten sich. Laute Befehle schallten durch den Talkessel und die Riesen in Rüstung griffen zu ihren Schwertern, die in ihren Händen fein aufleuchteten. Doch standen sie zu weit entfernt, als das



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die Bolzen sie hätten erreichen können. Die Armbrustschützen am oberen Ende der Treppe stellten das Feuer ein und standen abwartend. Ihnen und den mittlerweile nachgerückten Schwertkämpfern wurde die Pattsituation klar und sie warteten auf die Anweisungen ihres Anführers.
„Wir müssen hinunter.“ Der Kommandant seufzte und sah die Männer ernst an. Er trat an den obersten Treppenabsatz und schaute ins Tal.
„Ich zähle noch etwa 40 Riesen, die es zu überwältigen gilt. Ich werde die Schwertkämpfer anführen. Wir müssen versuchen, die Riesen näher heranzulocken, damit die Schützen sie erledigen können. Sobald wir unten angekommen sind, folgt die Hälfte der Fernkämpfer nach und gibt uns Feuerschutz. Die anderen bleiben hier oben und schiessen auf jeden der Riesen, der nah genug herankommt.“
Nachdem er diese Anweisung gegeben hatte, teilte er die Armbrustschützen in 2 Gruppen auf.
Bevor er dann seine Männer die Treppe hinabführte, drehte er sich noch einmal zu den Fernkämpfern, die zurückbleiben sollten, um.
„Sollten wir scheitern, folgt uns nicht nach. Nehmt die Pferde, eilt nach Sturmbergen und verteidigt die Ortschaft gegen das, was vermutlich geschehen wird.“
Mit diesen düsteren Worten machte der Kommandant seinen Männern Zeichen, ihm zu folgen.

Die Riesen hatten bislang abwartend gestanden, die Rüstungsträger in einer kleinen Gruppe zusammen, die anderen jeweils seitlich davon. Als die Menschen etwa die halbe Distanz nach unten überwunden hatten, ertönte ein Schlachtruf durch den Talkessel. Dann brach die Hölle los.
*

Die beiden Gardisten, die der Kommandant nach Sturmbergen zurückgeschickt hatte, kehrten eilig zum Waldrand zurück. Sie banden die Pferde los, sassen auf und wandten sich nach Süden. Als sie das Waldgebiet hinter sich gelassen und den befestigten Weg erreicht hatten, legten sie die Distanz nach Sturmbergen in gestrecktem Galopp zurück. Einige der reiterlosen Pferde waren ihnen gefolgt, andere unterwegs zurückgeblieben.
So erreichten sie die Ortschaft am Nachmittag. Sie zügelten die Pferde erst, als sie den Marktplatz erreichten und viele Bürger sprangen fluchend und schimpfend beiseite, um nicht überrannt zu werden. Einige der Händler wetterten lautstark, als Obstkisten, Brotkörbe und Weinkrüge zu Bruch gingen.
Der durch den Tumult aufmerksam gewordene Hauptmann der Garde eilte herbei. Er machte sich nicht die Mühe, die aufgebrachten Händler und Einwohner Sturmbergens zu beschwichtigen, sondern befahl seine Männer in die Amtsstube des Richters, wo diese dann stockend und am Ende ihrer Kräfte berichteten. Constantin lauschte schweigend den Ausführungen schenkte den Männern Wasser in zwei Becher, hielt ihnen diese dann hin. Dankbar sahen ihn beide an und tranken dann durstig.
„Dann ist also nicht sicher, ob Fürst Benedikt noch lebt?“ wollte er dann wissen.
Einer der jungen Männer schüttelte den Kopf.
„Nein, Herr, es kann nur vermutet werden, daß er sich in Gefangenschaft der Riesen
befindet. Doch will der Kommandant nichts unversucht lassen, ihn lebend zurückzubringen und deshalb befahl er den Angriff auf das Lager der Riesen.“
„Mögen ihm die Götter beistehen.“ flüsterte der Hauptmann.





37

Constantin ging unruhig in der Amtsstube hin und her, dann setzte er sich auf einen Stuhl und rieb sich mit den Fingerspitzen die Schläfen.
„Wie man es auch dreht und wendet, ich fürchte, daß wir die Rache der Bergbewohner zu spüren bekommen. Einige von ihnen werden bei dem Angriff getötet und dies werden sie nicht so einfach hinnehmen.“ Er wandte sich dann direkt an den Hauptmann.
„Lasst den Bereich um die Residenz sichern, lasst Palisaden errichten. Die Bürger sollen Lebensmittel und Wasser in den Innenhof schaffen und Zelte aufschlagen. So brauchen wir nur einen kleinen Bereich verteidigen, wenn es zu einem Angriff kommt.“
Der Hauptmann nickte verstehend, salutierte und entfernte sich dann, um dem Befehl nachzukommen. Nur Momente später schallte seine befehlsgewohnte Stimme über den Marktplatz.

*

Die durch ihre Brustpanzer aus dickem Leder geschützten Riesen rannten mit gezogenen Schwertern auf die Steintreppe zu. Ihre nackten Arme und Beine boten den Armbrustschützen ein Ziel, doch würden sie bei einem Treffer keine tödliche Verwundung davontragen.
„Zielt auf die Hälse.“ schrie der Kommandant nach oben, als ihm dies bewusst wurde, doch er wusste nicht, ob seine Anweisung in dem ohrenbetäubenden Gebrüll der Riesen auch verstanden werden würde.
Als die Riesen die Treppe erreicht hatten, empfing sie ein Hagel aus Bolzen, doch diese prallten wirkungslos an den Panzern ab. Die Bolzen, die die ungeschützten Arme und Beine trafen, wurden von den Giganten ignoriert. Diejenigen, die beinahe unbekleidet waren, blieben in sicherer Entfernung. Sie errichteten einen Haufen aus Geröll und begannen mit einem Bombardement aus kopfgrossen Steinen. Mit unglaublicher Wucht schleuderten sie diese Steine Richtung Treppe. Noch bevor die überraschten Gardisten ihre Schilde zum Schutz vom Rücken lösen konnten, wurde einer von ihnen getroffen. Er verlor den Halt und stürzte schreiend nach unten. Für einen Moment stockte der Angriff der Riesen, als der Mann ihnen entgegenfiel, doch dann stiessen sie den Körper einfach beiseite. Dann hatte der erste der Riesen die Gardisten erreicht. Er schmetterte sein Schwert gegen den Schild eines der Männer und dieser wurde durch den Aufprall nach hinten gedrückt. Der Riese wollte nachsetzen und hatte bereits zum nächsten Hieb ausgeholt, als der Kommandant ihm mit seinem Schwert eine tiefe Wunde am Oberschenkel beibrachte. Er brüllte schmerzerfüllt auf. Schnell tränkte sich die steinerne Treppe rot mit Blut und der Riese begann zu schwanken. Das Schwert glitt aus seiner Hand und er stürzte kraftlos zurück.
Als er fiel, riss er zwei andere seines Volkes mit nach unten, doch die Beiden kamen schnell wieder auf die Beine und begannen erneut mit dem wütenden Ansturm auf die Treppe. Die Riesen, den Gardisten aufgrund ihrer Grösse und der Reichweite ihrer Schwerter weit überlegen, fügten den Männern aus Sturmbergen schwere Verluste zu. Doch dann erfüllte der Gestank nach verbranntem Fleisch die Luft. Die Gardisten auf dem Felskamm hatten ein Feuer entzündet, ihre Bolzen mit Öl betränkt und diese in Brand gesteckt. Diese brennenden Geschosse feuerten sie nun auf die Riesen ab und der Angriff geriet ins Stocken. Obwohl immer noch dicke Steine durch die Luft flogen, hatten die Männer einen Moment relativer Ruhe und dann erhielten sie Hilfe von unerwarteter Seite.
Die Gardisten, die von den Riesen gefangengenommen worden waren, hatten unbemerkt von diesen den Steinwall überwunden und sich ihrer Waffen bemächtigt. Achtlos hatten


38

die Riesen diese auf einen Haufen geworfen.
Die gut trainierten Männer, die den Fürsten begleitet hatten, fielen den unbekleideten Riesen in den Rücken und töteten sie mit Schwertern und Armbrüsten, bevor diese sich der Gefahr bewusst werden konnten. Dann machten sie schreiend auf sich aufmerksam. Die Riesen, die sich dem Hagel aus brennenden Bolzen zum Fusse der Steintreppe zurückgezogen hatten, drehten sich verdutzt um. Einige von ihnen hatten schwere Brandwunden im Gesicht und an den Armen, doch diese Verletzungen hielten sie nicht davon ab, nun auf die unerwarteten Gegner loszustürmen.
Aber auch der Kommandant der Garde hatte verstanden. Er setzte zusammen mit den Schwertkämpfern nach, auch die Armbrustschützen, die bereits auf der Treppe gestanden hatten, folgten. Die meisten Bolzen, die hinter den Riesen hergeschossen wurden, verfehlten ihre Ziele oder prallten wirkungslos an der dicken Lederkleidung ab.
In der Mitte des Talkessels prallten die ungleichen Gegner im Kampf aufeinander. Die Riesen führten ihre Schwerter mit ungeheuer Wucht, der die Schilde der Menschen nichts entgegenzusetzen hatten. Viele der Männer gingen zu Boden oder flohen in wilder Panik. Erst als es den Schützen gelang, sich auf dem Steinwall zu formieren und somit ihre Ziele besser anvisieren zu können, fielen auch einige Riesen, an Kopf oder Hals tödlich verwundet.
Die Menschen kämpften verbissen und verzweifelt, am Ende ihrer Kräfte, doch dann geschah das Unerwartete.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptyFr 5 Feb 2016 - 17:58

Einer der überlebenden Riesen stiess einen schrillen Schrei aus und hob sein Schwert hoch, woraufhin die anderen aufhörten zu kämpfen. Dann rannten sie so behende, wie man es ihnen gar nicht zugetraut hätte, auf einen Wasserfall zu, der, aus den Felsen herabstürzend, einen kleinen Gebirgssee hervorgebracht hatte. Momente später waren sie hinter dem Vorhang aus Wasser verschwunden.
Die Menschen starrten verwundert und liessen sich am Ende ihrer Kraft einfach auf den Boden sinken. Für einen Moment liess der Kommandant sie gewähren, doch dann trieb er die todmüden Männer zur Eile an.
„Wir können hier nicht verweilen. Womöglich kehren die Riesen mit Verstärkung zurück. Bringt den Fürsten her und dann werden wir den Rückzug antreten.“
Offensichtlich mobilisierte die negative Aussicht auf ein weiteres Gefecht mit den Riesen die letzten Kräfte der Männer, denn sie beeilten sich, den Anweisungen zu folgen.
Philipp von Schattenfels und seine Begleiter hatten sich an die Felswand gekauert, vor der der Steinwall aufgeschichtet worden war. Der Fürst hockte mit angezogenen Knien, die Arme darumgeschlungen und schluchzte wie ein kleines Kind. Er machte keine Anstalten aufzustehen. Der Kommandant bedachte ihn mit einen verächtlichen Blick.
„Bei den Göttern, schafft den Mann hier weg, wir haben keine Zeit zu verlieren.“
Damit wandte er sich ab. Zwei der Gardisten zogen den Fürsten einfach hoch, hakten ihn unter und schleppten ihn förmlich mit sich.
Der Kommandant hatte mittlerweile erfahren, daß die Gesellschaft des Fürsten etwas weiter nördlich gefangengenommen und über einen schmalen Pfad inmitten des Gebirgsmassivs in diesen Talkessel gebracht worden war.
„Ich würde nicht raten, diesen Weg zu beschreiten. Wenn am anderen Ende weitere Riesen auf uns warten und die geflohenen Ungeheuer mit Verstärkung zurückkommen, sitzen wir in der Falle.“
schloss einer der Gardisten, die den Fürsten begleitet hatten, seinen Bericht. Der Kommandant nickte verstehend.




39

„Dann werden wir die Pferde zurücklassen müssen und den Weg nehmen, den wir gekommen sind.“
In diesem Moment ertönte eine schrille Stimme
„Lasst mich los, ihr ungehobelten Gesellen.“ Der Fürst war wie aus einer Trance erwacht und wehrte sich nun gegen den festen Griff der Gardisten. Der Kommandant fuhr herum und trat zu dem wild um sich schlagenden Fürsten.
„Mylord“ seine Stimme klang eisig und er machte eine weitausladende Handbewegung über das Schlachtfeld.
„All diese Männer starben für Eure Rettung. Lasst Euch helfen oder bleibt zurück, es ist mir gleich. Aber ich werde nicht noch mehr Männer in Gefahr bringen. Wenn Ihr so enden sollt wie dieses arme Tier dort“ er deutete auf die Überreste des Pferdes, das am Vorabend von den Riesen verspeist worden war „so ist dies Eure Entscheidung. Aber ich werde nun versuchen, meine Männer in Sicherheit zu bringen.“
Das sass. Der Fürst starrte ihnen einen Moment ungläubig an, dann folgte er ohne Widerspruch.
Unangefochten erreichten die Männer den Wald, in dem sie die Pferde zurückgelassen hatten. Einige von ihnen hatten sich losgerissen und waren weggelaufen. Doch reichte die Anzahl der Pferde, die sie vorfanden, aus, da der ursprüngliche Trupp, der aus Sturmbergen aufgebrochen war, um zwei Drittel dezimiert worden war. Die Männer sassen schweigend auf und der Kommandant gab den Befehl zum Aufbruch. Als sie den Wald hinter sich gebracht und den befestigten Weg erreicht hatten, wählte er zwei Männer aus und gab ihnen den Befehl, nach Iysenfeld zu reiten.
„Warnt die Menschen dort, weist sie an, den Ort zu sichern und kommt dann nach Sturmbergen.“
Die Männer nickten und lenkten ihre Pferde nach Osten.
Der befestigte Weg nach Süden führte die Gruppe des Kommandanten wieder durch Bergfeld. Die schwelenden Feuer waren mittlerweile erloschen, aber der Geruch nach Tod und Verwüstung lag wie ein Leichentuch über der ehemaligen kleinen Ortschaft. Die Männer, die mit dem Fürsten in Gefangenschaft geraten waren und noch nichts von der Zerstörung wussten, starrten entsetzt.
„Weiter“ befahl der Kommandant, als einer der Männer anhalten wollte. „Hier gibt es nichts mehr für uns zu tun.“
Kaum noch ein Wort wurde auf dem weiteren Rückweg gesprochen. Todmüde, bleiche Männer erreichten dann in den frühen Morgenstunden den Ort Sturmbergen.

Sichtlich erleichtert eilte der Hauptmann seinem Kommandanten entgegen, als der Trupp in den Ort ritt. Doch dann verfinsterte sich seine Miene, als er sah, daß nicht mehr als 15 Männer diesem folgten. Kurz sahen die beiden sich an und der Kommandant verstand die unausgesprochene Frage. Er schüttelte nur den Kopf.
„Eskortiert den Fürsten und seine Freunde in die Residenz. Gebt den Männern zu essen und zu trinken“ leise und müde war die Stimme des Kommandanten und der Hauptmann beeilte sich, die Anweisung laut und deutlich zu wiederholen. In die Wachen auf dem Marktplatz kam Bewegung. Sie halfen ihren Kameraden von den Pferden und geleiteten sie in die Taverne. Andere kümmerten sich um die Pferde. Ein schadenfrohes Grinsen huschte über das Gesicht des Kommandanten, als er gewahr wurde, daß die Männer sich zuletzt um den Fürsten kümmerten. Beinahe widerwillig nahmen zwei von ihnen sein Pferd beim Zaumzeug und führten es Richtung Westen, zur Residenz.



40

Constantin war der Rückkehr der Gardisten gewahr geworden und kam herbeigelaufen. Auch er sah die geringe Anzahl der Männer, die den Kommandanten begleiteten, sah ihre Müdigkeit und die Blessuren, die sie davongetragen hatten. Auch er verschwendete keine Zeit mit Fragen.
„Herr“ wandte er sich an den Kommandanten
„lasst die Männer ein paar Stunden schlafen und ruht Euch selber auch aus. Euer Hauptmann hat bereits alles veranlasst, was für den Moment erforderlich scheint. Ich werde Euch dann am Nachmittag in der Amtsstube erwarten.“


„Iysenfeld ist also gewarnt, gut.“
Constantin ging vor seinem Schreibtisch in der Amtsstube auf und ab. Der Kommandant und der Hauptmann hatten davor Platz genommen, beide erschöpft und übernächtigt.
„Aber wir werden auch Männer nach Seeblick an der Westküste schicken müssen, die Menschen sind dort nicht sicher, falls die Riesen einen Rachefeldzug planen. Und ich fürchte, das werden sie.“
„Wir haben nicht genügend Männer, um den Ort und die umliegenden Höfe zu verteidigen, solltet Ihr Recht haben.“
Der Kommandant sah Constantin ernst an. Dieser nickte.
„Ich weiss. Ich werde meinen Sohn mit einigen schnellen Schiffen nach Alaghon schicken. Er soll dort Söldner anwerben, die uns bei der Verteidigung der Residenz und der westlichen Felder helfen. Die anderen Gebiete werden wir vorläufig aufgeben müssen. Ferner wird er genügend Lebensmittel mitbringen, die den Menschen helfen werden, die nächsten Monate zu überstehen. Ich weiss nicht viel über Riesen aber was ich weiss ist, daß sie in ihrer Wut zumeist verbrannte Erde hinterlassen.“

3 Schiffe verliessen den Hafen bereits am übernächsten Morgen. Constantin hatte seinem Sohn Leon zwei Kisten mit Gold und Schmuck mitgegeben, um Lebensmittel zu kaufen und Männer zur Verteidigung der Insel anzuwerben. Auch hatte er es den Menschen freigestellt, die Insel zu verlassen. Dieser Aufforderung waren ein paar Abenteurer gefolgt und auch einige der sogenannten Freunde des Fürsten. Philipp selbst hatte nach seiner Rettung seine Gemächer aufgesucht und sich zur Ruhe begeben.

Die Bürger Sturmbergens, die die Insel nicht verlassen wollten, hatten das Nötigste zusammengepackt und sich in den Schutz der Residenzmauern zurückgezogen. Dort hatten sie Zelte aufgeschlagen und es sich mehr schlecht als recht wohnlich gemacht. Auch die Unterkunft der Garde war überfüllt, täglich trafen weitere Menschen ein, die bislang in der Umgebung des Ortes gewohnt hatten.
Constantin und der Kommandant hatten dafür gesorgt, daß die Männer Waffen erhielten, doch sie waren keine Narren. Es war ihnen nur zu klar, daß die einfachen Menschen Bauern und Handwerker waren und keine Kämpfer.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptySo 21 Feb 2016 - 10:58

2 Wochen lang lebten die Menschen unter diesen Voraussetzungen. Palisaden waren nördlich und östlich der Residenz errichtet worden, aber diese würden einem wütenden Ansturm der Riesen nicht lange standhalten. Erste Unmutsbezeugungen wurden laut, viele der Dorfbewohner glaubten nicht mehr daran, daß die Gebirgsbewohner den Ort angreifen würden. Die Menschen wollten in ihre Häuser zurückkehren und bedrängten Constantin täglich damit, die Residenz verlassen zu dürfen. Aber noch war dieser nicht bereit, eine

41

entsprechende Erlaubnis zu erteilen. Müde und übernächtigt sass er im Besprechungsraum der Residenz, als ihm Kathrin gemeldet wurde, die Gespielin des Fürsten. Schon wollte er die Unterredung ablehnen, als er sich anders besann. Er liess die junge Frau eintreten und bot ihr einen Platz an.
„Was kann ich für Euch tun?“
Er beobachtete Kathrin, sie erschien ihm blass, nervös und fahrig bewegten sich ihre Hände und sie antwortete nicht sofort. Dann sah sie Constantin offen ins Gesicht.
„Ich erwarte ein Kind von Seiner Durchlaucht.“
Mehr sagte sie nicht, sondern legte ihre Hände wie schützend auf ihren Bauch. Constantin sass eine Weile schweigend, dann fragte er nur
„Wann?“
„In 5 Monaten.“
Ihre Antwort war genauso knapp, als sie mit zitternder Stimme das sagte. Nichts erinnerte mehr an die fröhliche junge Frau, die singend durch die Räume getanzt war. Constantin schluckte und rieb sich die Schläfen, die auf einmal zu schmerzen begonnen hatten.
„Der Zeitpunkt ist denkbar ungeeignet, aber das Fürstentum braucht einen Erben. Mein Neffe ist ungeeignet, die Geschicke der Insel zu leiten. Ich denke, das wisst Ihr?“
Er sah sie direkt an und sie nickte.
„Was schlagt Ihr vor, mein Herr?“
„Philipp muss Euch zu seiner Gemahlin nehmen. Es geht nicht an, daß ein Bastard seine Nachfolge antritt.“
Kathrin zuckte bei seinen Worten zusammen, doch er bemerkte es nicht oder wollte es nicht bemerken. Dann fuhr Constantin fort.
„Ich werde eine einfache Zeremonie anberaumen lassen, in welcher Philipp Euch zu seiner Gemahlin nimmt. Damit seid Ihr die Fürstin und Mutter seines legitimen Kindes. Doch kann ich nicht erlauben, daß mein Neffe die Erziehung des Kindes übernimmt.“
Die junge Frau zuckte zusammen.
„Dann wollt Ihr mich also von meinem Kind trennen?“
„Nein, das nicht. Aber ich werde die Erziehung des Jungen überwachen.“
„Woher wollt Ihr wissen, daß es ein Junge wird?“
Ihre Stimme war nur mehr ein Flüstern.
„Betet zu den Göttern, Mylady.“

Bereits 2 Tage später fand die Zeremonie statt, in der Philipp Kathrin zu seiner Gemahlin nahm. Zurechtgemacht wie ein Pfau stolzierte er auf und ab und nahm die Glückwünsche der wenigen Anwesenden entgegen. Kathrin selbst trug nur ein schlichtes cremefarbenes Gewand, weit geschnitten, welches die leichte Wölbung ihres Leibes verbarg.
Bald schon zog sie sich zurück in die Gemächer, die sie nun gemeinsam mit dem Fürsten bewohnen würde.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptySo 21 Feb 2016 - 10:59

In der darauf folgenden Nacht erfolgte der erste Angriff der Riesen. Lautes Gebrüll aus Norden und das Zerbersten der Palisaden rissen die Soldaten aus dem Schlaf. Constantin, der es sich angewöhnt hatte, bekleidet zu schlafen, brauchte nur wenige Momente um zu verstehen, was geschah. Schnell legte er seinen Waffengürtel an und rannte durch die Flure der Residenz. Als er den Hof erreichte, sah er sich bereits den aufgeschreckten Menschen gegenüber. Frauen und Kinder weinten. Gardisten brüllten Befehle.
„Wo ist der Kommandant?“
schrie Constantin durch den Lärm.


42

„Hier.“
Der Kommdandant stand wie aus dem Boden gewachsen neben ihm.
„Verstärkt die Fernkämpfer auf den Mauern, Frauen und Kinder in die Residenz.“
wies Constantin ihn an.
Der Kommandant nickte und gab die entsprechenden Befehle. Dann rannte er selbst die Treppen hoch auf die Mauern der Residenz, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Etwa 30 Riesen hatten die Palisaden im Norden zerstört und formierten sich zum Angriff auf die Mauern. Mit ihren Keulen schlugen sie darauf ein, doch diese hielten stand. Die Armbrustschützen verteidigten die Mauern gut und einer nach den anderen sanken die Riesen getroffen zu Boden. Nur mehr eine Handvoll von ihnen stand noch auf den Beinen, als sie sich urplötzlich zurückzogen.
Jubel brandete auf als klar wurde, daß die Menschen selber keine Verluste zu beklagen hatten.
„Wir haben sie zurückgeschlagen.“
Einer der Gardisten kam freudestrahlend zu seinem Kommandanten gelaufen. Dieser jedoch machte ein bedenkliches Gesicht.
„Ich traue der ganzen Sache nicht.“
Und er sollte Recht behalten. Aus Richtung Osten kamen 2 Gardisten in gestrecktem Galopp angeritten.
„Öffnet die Tore.“
schrie einer der Wachen auf den Mauern.
Die Reiter lenkten ihre Pferde auf den Hof der Residenz und brachten sie abrupt zum Stehen, als der Kommandant ihnen entgegengelaufen kam.
„Herr“
total ausser Atem durch den scharfen Ritt begann einer der Beiden zu berichten
„Sturmbergen wird angegriffen, viele Häuser brennen bereits. Wir haben nicht genügend Männer, um den Ort zu verteidigen.“
Bleich lauschte der Kommandant seinem Gardisten. Constantin war herbeigeeilt und hatte die schlechte Nachricht ebenfalls vernommen.
„Der Angriff auf die Residenz zwar demnach nur eine Ablenkung.“
„Was sollen wir tun, Mylord?“
Der Kommandant sah Constantin fragend an.
„Ich würde es nicht für sinnvoll erachten, wenn wir unsere Kräfte aufteilen.“
antwortete dieser.
„Wir brauchen jeden Mann hier zur Verteidigung der Residenz und der Bevölkerung. Bevor wir keine Unterstützung erhalten, sind wir den Riesen im Nahkampf weit unterlegen. Ruft Eure Männer zurück, wir geben die Ortschaft auf.“
„Auf keinen Fall!“
Unbemerkt war Fürst Philipp zu der kleinen Gruppe getreten.
„Ich will, daß diese Ungeheuer zurückgetrieben werden.“
Wie immer war Philipp in Samt und Seide gekleidet, behangen mit Goldschmuck und sein Atem roch nach Wein, dem er wohl reichlich zugesprochen hatten.
„Willst Du die Männer in den sicheren Tod treiben?“
Constantins Stimme klang eisig.
„Es sind Gardisten und sie unterstehen meinem Befehl. Ich bin der Herrscher über all das hier.“
Philipp machte eine ausladende Bewegung mit beiden Armen.
„Ich will, daß gekämpft wird.“



43

„Wir können die Riesen nicht besiegen, nicht mit den wenigen Männern, die wird zur Verfügung haben.“
Constantin schrie es fast.
„Ich will, daß gekämpft wird.“
trotzig wie ein kleines Kind stampfte Philipp mit dem Fuss auf. Der Kommandant und die beiden Gardisten beobachteten die Szene schweigend und mit betretenen Gesichtern.
„Dann kämpfe.“
Constantin zog sein Schwert aus der Scheide und hielt es Philipp hin.
„Nimm Deine Saufkumpane und trete den Riesen entgegen. Aber ich erlaube nicht, daß Du das Leben der wenigen Männer in Gefahr bringst, die uns noch verblieben sind. Mehr als 30 gute Männer und Kämpfer mussten bereits durch Deine Unvernunft sterben.“
Philipp starrte auf das Schwert, dann drehte er sich um und verschwand wortlos in den Mauern der Residenz. Constantin atmete tief ein und aus, dann wandte er sich dem Kommandanten zu.
„Gebt die Ortschaft auf.“
Dieser nickte und befahl seinen Gardisten, nach Sturmbergen zu reiten und die dort noch kämpfenden Männer in die Residenz zurückzubeordern.

„Ich werde Vorsorge treffen müssen. Vorsorge für den Fall, daß mir etwas geschieht. Niemals darf es angehen, daß dieser Mann alleine über die Insel regiert. Ich möchte Euch später sprechen.“
Mit diesen Worten verliess Constantin seinen treuen Kommandanten und betrat die Residenz.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptySo 21 Feb 2016 - 11:00

Nur mehr 10 Gardisten kehrten in die schützenden Mauern zurück. Der Kommandant liess sie verköstigen und ausruhen und folgte dann der Aufforderung Constantins, sich im Besprechungsraum der Residenz einzufinden. Als er dort eintraf, waren bereits sein Hauptmann, Constantin's zweitältester Sohn Jason und die Fürstin zugegen. Eine Weile herrschte Schweigen, dann begann Constantin zu sprechen.
„Ich werde einen Rat bestimmen, der nach meinem Ableben die Geschicke Sturmbergens leiten wird, bis wieder ein legitimer Nachkomme derer von Schattenfels regieren kann.“
teilte er seine Entscheidung mit und sein Blick schweifte über die anwesenden Personen.
„Dieser Rat soll aus Euch bestehen, denen ich vertraue und aus der Mutter des zukünftigen Fürsten.“
Alle Blicke richteten sich bei diesen Worten erstaunt auf Fürstin Kathrin. Sie errötete und legte ihre Hände auf ihren Leib.
„Du, Jason,“
Constantin richtete das Wort an seinen Sohn
„wirst bei der Erziehung des Kindes ein Wort mitzureden haben. Ansonsten lege ich fest, daß militärische Massnahmen nur von Euch beiden angeordnet werden dürfen.“
Er sah den Kommandanten und den Hauptmann ernst an.
„Oder Euren gewählten Nachfolgern.“
Die beiden Männer nickten verstehend. Constantin nahm Papier und Feder zur Hand und legte seine Anweisungen in Schriftform nieder. Dann setzte er seinen Namenszug schwungvoll darunter. Die Anwesenden sassen ruhig und abwartend, bis auch ihnen das Schriftstück zur Unterschrift vorgelegt wurde. Dann unterzeichnete einer nach dem anderen.





44

Monate waren vergangen, Monate, in denen es immer wieder Angriffe der Riesen gegeben hatte. Doch die Mauern hatten ihren wütenden Angriffen standgehalten.
Constantin's Haar war eisgrau geworden und sein Gang schleppend. Schwer trug er an der Last der Verantwortung für die Menschen Sturmbergens. Der Winter hatte Einzug gehalten und die Vorräte gingen zur Neige. Obwohl er es nicht zugeben wollte, hatte Constantin die Hoffnung aufgegeben, daß sein Sohn Leon mit Verstärkung und Verpflegung vom Festland zurückkehren würde.
Müde sass er im Kaminzimmer der Residenz und hing seinen schweren Gedanken nach. Längst schon gab es kein Feuerholz mehr, mit dem der Kamin hätte angeheizt werden können und die Kälte kroch durch seine alten Knochen. Er sah auf, als es klopfte und einer der Diener den Raum betrat.
„Mylord,“
er verbeugte sich,
„ich wurde beauftragt Euch mitzuteilen, daß Fürstin Kathrin einem gesunden Sohn das Leben geschenkt hat. Sein Name soll Martinius lauten.“
Constantin nickte und antwortete
„So teilt auch der Bevölkerung mit, daß Martinius von Schattenfels am 29. Tag des 11. Monats des Jahres 1317 das Licht der Welt erblickt hat.“
Der Diener entfernte sich nach einer knappen Verbeugung, um der Anweisung Folge zu leisten.

Ein paar Tage später verlangte eine vermummte Gestalt Einlass in die Residenz. Schnell wurde das Tor geöffnet, als den Wachen klar wurde, um wen es sich handelte. Der Mann winkte ab, als man ihn zu Constantin geleiten wollte.
„Ich denke ich weiss, wo mein Vater sich aufhält.“
Leon Pierce eilte durch die Flure der Residenz und betrat den Besprechungsraum.
„Vater!“
Er ging auf Constantin zu. Wenn er bei dessen Anblick erschrak, so zeigte er es nicht. Constantin stand auf und ging seinem Sohn entgegen.
„Leon, Du bist es wirklich. Meine Hoffnung, Dich wiederzusehen, war bereits geschwunden.“
Er umarmte seinen Sohn und für einen Moment erstrahlten seine Augen in altem Glanz.
„Ich kann es mir denken, Vater, aber meine Mission gestaltete sich schwieriger als angenommen. Kaum ein Mann wollte auch für noch so gute Bezahlung gegen die Riesen antreten. Ich komme mit 2 Schiffen und 50 Männern zurück. Ein Schiff verloren wir in einem Sturm während der Überfahrt. Aber die beiden Schiffe bringen genügend Proviant für den Winter.“
Constantin sah seinen Sohn entsetzt an.
„50 Männer nur?“
flüsterte er leise.
„Ich weiss, Vater, und es tut mir auch leid, Dich zu enttäuschen. Aber ich konnte nicht länger mit der Heimreise warten. Ich wollte die Verpflegung herbringen, bevor der Winter beginnt.“
Als Constantin verstehend nickte, fuhr der junge Mann fort.
„Als wir feststellten, daß der Hafen zerstört ist, legten wir an der Westküste an. Vermutlich gestaltet es sich als schwierig, die Vorräte in die Residenz zu bringen, es gibt keinen befestigten Weg von unserem Ankerplatz nach hier.“





45

Constantin sah seinen Sohn ernst an.
„Es ist schlimm, aber wir werden uns trotz allem beeilen müssen, bevor auch noch der erste Schnee fällt. Ich werde Dir Kutschen mitgeben und alle Männer, die ich entbehren kann. Mögen die Götter Euch beistehen.“
Mit diesen Worten bedeutete er seinem Sohn, ihm zu folgen und die beiden Männer eilten über den Residenzhof zur Unterkunft der Garde. Dem Kommandanten war bereits von der Rückkehr Leon's berichtet worden und hatte sich grade auf den Weg machen wollen. Nun blieb er abwartend stehen, in seinen Umhang gehüllt. Auch in der Unterkunft war es eisig kalt.
„Mein Sohn kommt mit 2 Schiffen und weiteren 50 Männern, die unsere Truppen verstärken werden. Vor allem aber bringt er Proviant für den Winter.“
Der Kommandant und die Männer, die diese Worte vernahmen, schauten erleichtert.
„Macht die Pferde bereit, lasst alle Kutschen anspannen, die noch nicht zu Feuerholz verarbeitet wurden und folgt meinem Sohn zur Westküste.“
Als der Kommandant den Befehl vernahm, drehte er sich um zu seinen Männern.
„Ihr habt gehört, was zu tun ist. Beeilung!“

Bewegung kam in die Gardisten und schon bald führte Leon Männer und Tiere nach Westen. An der Mündung des Tiamaroflusses waren raue Gestalten damit beschäftigt, Kisten und Fässer an Land zu schleppen. Die Aktion gestaltete sich als schwierig, da die Flussmündung niemals als Anlegestelle für Schiffe ausgebaut worden war. Jedes der 2 grossen Schiffe ankerte ein gutes Stück entfernt und die wenigen Ruderboote waren unermüdlich im Einsatz. Immer wieder waren Flüche der Männer zu vernehmen. Der Kommandant, der gemeinsam mit Leon die Gardisten angeführt hatte, sprang von seinem Pferd und bedeutete seinen Männern, die bereits an Land befindlichen Kisten und Fässer aufzuladen. Die Männer arbeiteten verbissen, nur keuchende Atemzüge waren zu vernehmen.
„Werden die Tiere den Rückweg mit der Last schaffen? Sie sind genauso unterernährt wie wir.“
Der Kommandant wusste, daß die Bemerkung eines seiner Gardisten der Wahrheit entsprach, doch er ging nicht darauf ein.
Fünf der zehn Kutschen, die zu den westlichen Gestaden gebracht worden waren, waren bereits beladen, als ein Angriff der Riesen erfolgte. Noch bevor die Männer zu ihren Waffen greifen konnten, lagen die ersten von ihnen verletzt oder erschlagen am Boden. Die anderen Gardisten und Söldner wehrten sich verbissen gegen die heranstürmenden Angreifer. Auch der Kommandant hatte sein Schwert gezogen und rannte einem der Riesen schreiend entgegen. Ein Keulenhieb traf seinen Schild und er stürzte zu Boden. Benommen sah er dem Riesen hinterher, der weiterstürmte ohne ihn zu beachten. Grade als er versuchte, sich wieder aufzurichten, wurde ein anderer Riese auf ihn aufmerksam. Langsam und mit zusammengekniffenen Augen kam er auf ihn zu. Er hob seine Keule mit beiden Händen über den Kopf hob und wollte zum tödlichen Hieb ausholen, als er zusammensackte. Blut spritzte aus einer Wunde am Hals und mit einem gurgelnden Geräusch hauchte er sein Leben aus. Der Kommandant kam auf die Beine und starrte den Toten entgeistert an.
„Bei den Göttern.“
murmelte er, als er sah, daß ein Pfeil den Riesen getötet hatte.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptyFr 26 Feb 2016 - 18:04

Er sah sich um, sah, wie immer mehr zu Angreifer zu Boden gingen, dann wollte auch er wieder in den Kampf eingreifen. Doch dieser war bereits entschieden. Keiner der Riesen hatte den Angriff überlebt. Seine Männer standen schweigend, mit gesenkten Waffen und starrten



46

entgeistert auf die Unterstützung, die aus Norden gekommen war und die sich ihnen nun näherte.
Es handelte sich um etwa zwanzig Personen, schlank und zierlich, ausgerüstet mit Bögen und Schwertern, an der Form der Ohren unschwer als Elfen zu erkennen. Einen Moment standen sie ruhig da, dann trat einer von ihnen langsam vor.
„Esse amin Anyndur.“
stellte er sich mit einer knappen Verbeugung vor.
„Ich hoffe, die Hilfe der Teu'tel'quessir kam noch rechtzeitig.“
Es dauerte einen Moment, bis der Kommandant in der Lage war, seiner Erleichterung Ausdruck zu verleihen, dann verbeugte er sich ebenfalls.
„Eure Hilfe kam rechtzeitig und war mehr als willkommen.“

Der Elf, der sich als Anyndur vorgestellte hatte, zeigte ein feines Lächeln, dann wurde er wieder ernst.
„Noch weitere Riesen halten sich in unseren Wäldern auf. Ich denke, es ist angezeigt, daß wir Euren Transport beschützen.“
Der Kommandant nickte und schaute sich um. Er sah auf den Gesichtern der Männer dieselbe Erleichterung, die auch er empfand.
„Habt Dank.“
mit einer leichten Verbeugung wandte er sich dann an Anyndur.
„Saes.“

Mit Hilfe der Elfen wurden die Vorräte schnell an Land gebracht und auf die Kutschen verladen. Dann brach der Transport Richtung Residenz auf. Immer wieder gingen von den Männern aus scheue Blicke zu den Elfen, die, wie versprochen, Geleitschutz gaben. Es handelte sich bei ihnen sowohl um Männer als auch Frauen, zumeist mit schwarzen, langen Haaren. Ihre Kleidung bestand aus Leder, gefärbt in den Farben des Waldes, die Oberteile so dick, daß diese durchaus einem Schwerthieb standhalten konnten. Doch bewegten sie sich mit Anmut und Leichtigkeit, während sie ständig nach beiden Seiten sicherten.
Es wurde nicht viel gesprochen auf dem Weg in die Residenz, erst als die Mauern in Sichtweite kamen, kamen auch die ersten Gespräche auf. Schnell wurden die Tore geöffnet, als die Wachen ihrer gewahr wurden und wieder streiften erstaunte und scheue Blicke die Elfenkrieger.
Auch Constantin war herbeigeeilt, als ihm von der Rückkehr der Männer und der Ankunft des Transports berichtet worden war. Ruhig sah er den Ankömmlingen entgegen und überliess es seinem Sohn und dem Kommandanten, die erschöpften Männer und Pferde in den Residenzhof zu geleiten. Die Elfen hielten sich zurück, erst als alle hinter den Mauern in Sicherheit waren, trat Anyndur vor.
„Es ist mein Wunsch, den zu sprechen, der Euer Anführer ist.“
Seine Stimme war ruhig, doch die Autorität darin war unverkennbar. Constantin trat vor und verneigte sich.
„Ich bin der Anführer der hier in diesen Mauern lebenden Menschen. Gerne stehe ich Euch für eine Unterredung zur Verfügung.“
Er machte eine einladende Handbewegung zu Anyndur, die Residenz zu betreten. Dieser wechselte ein paar Worte mit den anderen Elfen in einer Sprache, die Constantin nicht verstand, dann folgte er.




47

Constantin führte den Elfen ins Kaminzimmer und bot ihm einen Platz an. In einer geschmeidigen Bewegung liess Anyndur sich nieder und wartete, bis auch Constantin Platz genommen hatte. Dieser schenkte etwas Wein aus einer Karaffe in zwei silberne Kelche und schob einen davon über den Tisch zu dem Elfen. Anyndur nickte dankend, führte den Kelch zum Mund und trank einen kleinen Schluck.
„Ein guter Wein.“
Meinte er dann anerkennend.
„Aber ich bin nicht hier, um mit Euch zu trinken. Es ist der Wunsch meines Volkes zu erfahren, was die Riesen so aufgebracht hat, daß sie das Gebirge verlassen haben und mordend und brandschatzend über die Insel ziehen.“
Anyndur sah Constantin ruhig an. Dieser atmete tief ein und aus, trank noch einen guten Schluck Wein und stellte seinen Kelch dann ebenfalls ab.
„Nun gut, ich werde Euch so gut ich kann eine Erklärung abgeben.“
Er berichtete von der Verfehlung des Fürsten, der in seiner Gier nach Gold das Gebiet der Riesen betreten und diese gegen sich aufgebracht hatte. Er berichtete von der Gefangennahme Philipp's , der anschliessenden Befreiung, der darauf folgenden Zerstörung der Menschensiedlungen und den ständigen Angriffen der Riesen auf die Residenz. Anyndur lauschte, ohne ihn mit einem Wort zu unterbrechen. Als Constantin seine Ausführungen beendete, leerte er seinen Kelch in einem Zug und sah den Elfen an.
„Das ist die Geschichte des letzten Jahres.“
Einen Momant herrschte Schweigen, dann begann Anyndur zu sprechen.
„Nun, wenn sich einer unserer Anführer eine derartige Verfehlung geleistet hätte, hätte er sein Leben verwirkt gehabt.“
Constantin seufzte auf.
„Der Fürst ist der Sohn meiner Schwester und sein Geist ist verwirrt. Ich kann den Jungen nicht töten lassen nur verhindern, daß sich Ähnliches wiederholt.“
Anyndur hob kurz eine Braue, dann erhob er sich.
„Mögen Eure Götter Euch beistehen. Aber Ihr sagtet, sein Name sei Schattenfels. Ist er der Sohn eines Mannes mit Namen Viktor von Schattenfels?“
Constantin schüttelte den Kopf.
„Nicht sein Sohn, Viktor ist seit mehr als 100 Jahren tot. Aber er ist von seinem Blut.“
Anyndur lächelte fein.
„Ich vergesse immer die kurze Lebensspanne der Menschen, Ihr müsst mir verzeihen. Es kommt mir vor, als sei es gestern gewesen, als Euer Volk diese Insel besiedelte. Meine Späher und ich beobachteten genau Euer Tun.“
Constantin schluckte und wagte dann eine Frage.
„Wie alt seid Ihr, Herr Anyndur?“
Der Elf schmunzelte.
„Nach den Maßstäben meines Volkes bin ich noch recht jung. Ich zähle nur etwas mehr als 300 Sommer. Namaarie, Constantin.“
Mit diesen Worten wollte Anyndur das Kaminzimmer verlassen, doch Constantin erholte sich schnell von seiner Überraschung und stellte die Frage, die ihm seit Anbeginn des Gespräches auf der Zunge brannte.
„Wird Euer Volk den Menschen weiterhin gegen die Riesen beistehen?““
Anyndur blieb stehen und schwieg einen Moment.





48

„Wir werden zu verhindern wissen, daß sie durch unser Gebiet nach Süden ziehen. Wir werden sie daran hindern, Euer Volk zu vernichten. Aber wir werden nicht offen gegen sie in den Krieg ziehen, um sie auszurotten. Wie Ihr diesen Konflikt beilegt, liegt in Eurem Ermessen und in Eurer Verantwortung.“
Mit diesen Worten und einer knappen Verbeugung verliess der Elf den Raum.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptyFr 26 Feb 2016 - 18:09

Martinius

Ziemlich schlecht gelaunt lief Martinius im Besprechungsraum der Residenz auf und ab. Amüsiert beobachteten Jason und Leon ihren Cousin, als er – nur mit Sandalen an den Füssen – gegen einen schweren Holzscheit trat und dann das Gesicht verzog. Er liess sich auf das Sofa fallen und rieb den Zeh, den er sich angestossen hatte. Er zog eine Grimasse, als er zu den beiden älteren Männern aufsah.
„Lustig, ja?“
fauchte er und verzog dann wieder das Gesicht.
„Noch 2 Tage, dann werde ich der Regent von Sturmbergen sein. Aber wisst Ihr was? Ich will nicht der Regent einer Insel sein, deren Bevölkerung nicht in Ruhe und Frieden leben kann. Ich will nicht der Regent über verbrannte Erde sein.“
Mehr als 18 Jahre war es nun her, seit durch seines Vaters Schuld ein Konflikt mit den Riesen heraufbeschworen worden war. Nach dem Tod von Constantin Pierce vor 10 Jahren hatte durch dessen weiser Voraussicht ein Rat die Insel regiert.Von diesem Rat waren nunmehr noch zwei Personen am Leben, Jason Pierce und der ehemalige Hauptmann der Garde, seit ein paar Jahren im Ruhestand. Fürst Philipp war im alkoholumnebelten Sinn von den Mauern der Residenz gestürzt, ob es sich um einen Unfall gehandelt hatte, war niemals geklärt worden. Die Fürstin war einer Infektion erlegen, die sich, geschwächt durch die Geburt ihres einzigen Kindes, zugezogen hatte. Der Kommandant der Garde hatte bei einem Gefecht gegen die Riesen sein Leben verloren.
In den letzten Jahren waren die Ortschaft Sturmbergen und der Hafen wieder aufgebaut worden, umgeben von starken Mauern, die Schutz genug gegen die Angriffe der Riesen boten. Die Felder nördlich und östlich der Ortschaft konnten noch immer nicht bestellt werden, weswegen die meisten Lebensmittel per Schiff vom Festland geholt werden mussten. Viele Bewohner hatten die Insel verlassen.
Leon machte seinem jüngeren Bruder ein Zeichen und die beiden Männer liessen sich ebenfalls auf dem Sofa nieder.
„Hast Du einen Vorschlag, wie wir diesen Krieg, der nunmehr seit mehr als 18 Jahren schwelt, beenden können, Junge?“
Leon sah Martinius an, der aufgehört hatte seinen Fuss zu massieren, als der ältere Mann zu sprechen begonnen hatte.
„Wenn Ihr aufhört, mich wie ein Kind zu behandeln, werde ich Euch meinen Vorschlag kundtun.“
Leon hob eine Braue und Jason lehnte sich zurück, offensichtlich gespannt. Martinius schaute zufrieden, als er merkte, daß er die Aufmerksamkeit seiner Cousins errungen hatte.
„Es ist bereits eine Weile her, als ich in der Taverne ein paar Abenteurer darüber sprechen hörte, daß die Riesen nicht die einzigen Bewohner des Gebirges sind.“
Leon und Jason schauten den jungen Mann erstaunt an. Er lächelte etwas triumphierend, bevor er fortfuhr.




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„Hoch im Norden des Gebirges leben auch Zwerge.“
Eine Weile herrschte Schweigen, dann schüttelte Leon verständnislos des Kopf.
„Bei den Göttern, Junge, willst Du Zwerge dazu bringen, uns gegen die Riesen beizustehen? Sie interessieren sich für nichts anderes als Reichtum zu scheffeln.“
„Das weiss ich nicht, aber vielleicht wissen es die Elfen, die sind schliesslich unsere Verbündeten.“
Leon verdrehte leicht die Augen.
„Martinius, die Elfen sind nicht unsere Verbündeten, sie halten uns lediglich den Rücken aus Nordwesten frei, indem sie die Riesen davon abhalten, uns von dort aus anzugreifen.“
„Trotzdem könnten wir sie um Rat fragen.“
Martinius beharrte auf seiner Meinung.
„Du willst also die Elfen aufsuchen?“
Immer noch zweifelnd sah Leon den jungen Mann an.
„Ja.“
antwortete dieser knapp, bevor er aufstand und ein paar Holzscheite ins Kaminfeuer legte.
„Du wirst nirgendwo hingehen. Sollte Dir etwas zustossen, hat Sturmbergen keinen Regenten mehr.“
Jason mischte sich in die Unterhaltung ein.
„Dann schicke ich eben Euch beide.“
damit schien für Martinius alles gesagt. Leon sah seinen um fünf Jahre jüngeren Bruder entgeistert an.
„Du willst doch wohl nicht ernsthaft …?“
Leon brach ab, als er Jason schmunzeln sah.
„Was kann es schaden? Die Elfen werden uns wohl kaum verspeisen. Vielleicht hat unser Kleiner ja gar nicht so Unrecht und wir erfahren etwas, was uns weiterhilft.“
Leon gab sich geschlagen.

Bereits zwei Tage nach dieser Unterredung ernannten die beiden verbliebenen Ratsmitglieder Martinius zum Regenten von Sturmbergen. Er verlor keine Zeit und schickte mit einer ersten Anweisung als Fürst seine beiden Cousins zu den Elfen.

Leon und Jason hatten auf Begleitung durch die Garde verzichtet. Zu Fuss und nur mit leichtem Gepäck folgten sie der westlichen Küstenlinie nach Norden, bis eine steile Felswand ihnen den Weg versperrte und sie ihren Weg nur weiter nach Osten fortsetzen konnten. Ein paar Stunden waren sie gegangen, als zwei elfische Bogenschützen ihnen den Weg vertraten. Weder Leon noch Jason hatten sie vorher bemerkt, umso grösser war nun ihr Erschrecken über das plötzliche Auftauchen der Beiden.
„Halt!“
einer der Elfen machte ein unmissverständliches Zeichen stehenzubleiben.
„Was ist Euer Begehr? Ihr befindet Euch auf dem Territorium der Teu'tel'quessir.“
Leon schluckte kurz, dann antwortete er
„Der junge Fürst der Menschen schickt uns. Er möchte, daß wir uns mit Vertretern Eures Volkes beraten. Er will eine Möglichkeit finden, den Krieg gegen die Riesen mit Hilfe der Zwerge zu beenden. Und er denkt, daß wenn jemand uns einen Hinweis geben kann, wie man die Zwerge dazu bringen könnte, dann Angehörige eines anderen der alten Völker.“
Wenn die beiden Elfen überrascht waren, zeigten sie es nicht. Sie unterhielten sich eine Weile.
„Folgt uns.“


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ordnete einer der beiden dann an. Die beiden Menschen nickten und folgten nach Osten, der Felswand entlang, dann durch einen kleinen Durchschlupf nach Norden.
„Das hätte ich übersehen.“
murmelte Leon. Als sie den Durchschlupf passiert hatten, blieben die beiden Brüder wie erstarrt stehen. Das Gebiet, was sie betraten, war von unwirklicher Schönheit. Es war Winter und die Bäume trugen keine Blätter. Doch der Raureif in den Bäumen warf Lichtspiele in allen Farben des Regenbogens zurück. Fasziniert sahen Leon und Jason sich um und erkannten dann den Ursprung der Lichteffekte. Auf einer Lichtung standen 7 gut mannshohe Monolithe, jeder von ihnen schimmerte sanft in einer anderen Farbe. Umkreist wurden die Steine von etwa handgrossen, geflügelten Geschöpfen, von denen einige nun näher kamen. Neugierig umkreisten sie die beiden Männer, die ruhig stehenblieben. Die Geschöpfe besassen durchaus menschliche Körper, die Flügel waren durchsichtig und schimmerten fein. Zarte Stimmen waren zu vernehmen, aber die beiden Menschen konnten das Gesprochene nicht verstehen.
„Feen.“
flüsterte Jason
„niemals hätte ich gedacht, so einem Wesen einmal zu begegnen.“
„Sulla.“
machte eine der Feen und kam näher und berührte mit ihrem winzigkleinen Händchen seine Nase. Die beiden Elfen schmunzelten.
„Die Feen möchten wissen, ob ihr etwas zu Essen bei Euch habt.“
Jason hob erstaunt die Brauen.
„Nun ja, ich habe noch etwas Mandelgebäck in meiner Tasche.“
Einer der Elfen seufzte gespielt auf.
„Damit hättet Ihr Euch Freunde fürs Leben geschaffen.“
Jason kramte in seiner Tasche und förderte die Kekse zutage. Nur einen Moment später war er von vielen der kleinen Wesen umringt, die aufgeregt um ihn herumflatterten. Er brach den Keks in kleine Teile und hielt nacheinander jeder der Feen ein Stückchen entgegen. Flugs wurde ihm das Gebäck aus der Hand genommen und die Feen schwirrten davon.
„Lasst uns weitergehen.“
Die Elfen hatten das Szenario amüsiert betrachtet, doch nun wurden sie wieder ernst.
„Es ist nicht mehr weit bis nach Rua'ren.“
Ohne abzuwarten gingen sie weiter nach Norden. Die beiden Brüder beeilten sich, ihnen zu folgen. Bald darauf hatten sie die Elfensiedlung erreicht.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptySa 27 Feb 2016 - 12:16

Rua'ren war von Norden, Osten und Süden von einer Steilwand umgeben. Richtung Westen konnten die beiden Menschen in der Ferne das Meer erkennen. Es war spät geworden und ein voller Mond stand am kalten Winterhimmel. Viele der Gebäude, die die Elfen errichtet hatten, schmiegten sich nahtlos in die Umgebung ein, wieder andere waren auf Lichtungen erbaut worden. Vor einem solchen Gebäude erblickten die Brüder einen steinernen Brunnen, quadratisch angelegt, die hervorschiessenden Fontänen hielten einen grünlich schimmernden Kristall. Das Gebäude, auf welches die beiden Elfen nun zugingen, schien im Mondlicht wie aus einem Marmorblock gehauen. Die hölzernen Eingangstüren waren von doppelter Mannshöhe, doch einer der Elfen stiess sie mit Leichtigkeit auf und bedeutete den Männern, einzutreten. Sie folgten der Aufforderung.
Cremefarbene Säulen säumten den Eingangsbereich, von jeder einzelnen wuchs Efeu hinab bis auf den Boden. Ein paar Schritte weiter wurden zwei Statuen erkennbar, von derselben



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Farbe und demselben Material wie die Säulen. Die Statuen stellten einen männlichen und einen weiblichen Elf dar, beide mit einem in Anschlag gebrachten Bogen.
Dann erreichten sie einen ovalen Raum, in welchem viele Steinbänke standen, jeweils links und rechts eines Ganges schräg angeordnet. An der geradeaus liegenden Wand schwebten, wie von Magie gehalten, wiederum Kristalle, deren feines gelbliches Schimmern den Raum in ein warmes Licht tauchte. Leon und Jason blieben überwältigt stehen und schauten sich um. Auch in diesem Raum befand sich ein Brunnen, der allerdings nur feine Wasserfontänen nach oben abgab, die dann wie winzige magische Funken zerplatzten. An dem Brunnen stand eine weibliche Elfe. Einer der Begleiter der beiden Menschen flüsterte ihr etwas zu. Sie lauschte, drehte sich dann um und betrachtete die beiden Menschen eine Weile schweigend. Die Brüder verneigten sich und schauten erst wieder auf, als die Frau ihr Wort an sie richtete.
„Uluvathae, seid gegrüsst. Bitte, setzt Euch.“
Leon und Jason kamen der Aufforderung unverzüglich nach, verstohlen betrachteten sie die Frau, die vor ihnen stand. Sie wagten es nicht, ein Wort an sie zu richten. Noch nie hatten sie eine so schöne Frau gesehen. Ihr langes, schwarzes Haar fiel bis auf die Hüften hinab, kleine silberne Spangen, die ebenfalls wie Kristalle in dem unwirklichen Licht glitzerten, waren in einzelnen Strähnen befestigt. Ihre Haut war makellos, zart und blass, die hellgrünen Augen bildeten einen faszinierenden Kontrast zu dem dunklen Haar. Sie trug ein schneeweisses, ärmelloses Gewand, nur der Saum am Boden war von einem zarten Grün. Auch der hölzerne Stab, den sie in der rechten Hand hielt, war von dieser Farbe. Er war in aufwendiger Arbeit blank poliert, das obere Ende hatte die Form einer Blüte.
„Mein Name ist Sandriel.“
mit weicher, sanfter Stimme stellte sie sich dann vor.
„Ich bin die Hohepriesterin der Teu'tel'quessir, der Mondelfen, wie Ihr Menschen uns nennen würdet. Was ist Euer Begehr?“
Leon atmete tief ein und aus, dann fasste er sich ein Herz.
„Mein Name ist Leon Pierce, dies ist mein Bruder Jason. Wir kommen im Auftrag von Fürst Martinius von Schattenfels, dem Regenten von Sturmbergen, unseres Cousins.“
Leon machte eine kurze Pause, dann fuhr er fort.
„Unser Cousin ist bestrebt, den Krieg mit den Riesen zu beenden. Er wünscht, daß wieder Ruhe und Frieden auf Sturmbergen einkehren. Martinius ist jung, grade 18 Sommer, und seiner Jugend schreiben wir es zu, daß er auf die aberwitzige Idee kam, dies mit Hilfe der Zwerge tun zu können. Allerdings wissen wir nicht, ob auf dieser Insel Zwerge leben und deshalb … und aus diesem Grunde ...“
er brach ab.
„Und aus diesem Grunde seid Ihr hier, um dies in Erfahrung zu bringen.“
vollendete Sandriel seinen Satz mit einem feinen Lächeln. Leon nickte erleichtert.
„So ist es, Frau Sandriel.“
Die Priesterin liess sich ebenfalls auf einer der steinernen Bänke nieder.
„Thar, so werde ich Euch Auskunft geben. Tatsächlich leben Dwar, Zwerge in Eurer Sprache, hoch oben im nördlichsten Ausläufer des Gebirges. Sie leben in einer Binge, tief in den Bergen und pflegen keinen Kontakt zu den anderen Völkern hier auf La'angar, wie unser Volk diese Insel nennt.“
„Andere Völker noch ausser den Menschen und den Elfen?“
Leon hob erstaunt eine Braue, woraufhin Sandriel lächelte.
„Als unser Volk vor etwa 600 Sommern auf dieser Insel zu siedeln begannen, schickten wir Späher aus. Sie berichteten von den Riesen im nordwestlichen Gebirge, von einem Volk



51

der Menschen im Norden, von Echsenwesen in den östlichen Sümpfen, von den Waldelfen in dem dichten Wald an der östlichen Küste. Auch wissen wir von einer kleinen Gruppe wahrer Wandler, welche im ewig schneebedeckten Gebirge im Nordosten Zuflucht gesucht haben. Aber wir nahmen niemals Kontakt auf.“
„So wie wir.“
Leon seufzte leicht auf.
„Seit der Zeit des ersten von Schattenfels haben wir stets das Territorium der anderen respektiert. Bis der Vater des derzeitigen Fürsten einen schwerwiegenden Fehler machte. Allerdings war uns von Zwergen, Echsen und einem weiteren Volk der Elfen auch nichts bekannt. Was diese Wandler anbelangt ..“
er runzelte die Stirn
„so sind sie unsere Feinde. Es ist lange her, doch töteten sie eine der unseren heimtückisch.“
Sandriel schüttelte sanft den Kopf.
„Das ist nicht an dem, unsere Späher berichteten von zwei Männern Eures Volkes, die eine junge Frau in den Wäldern an der Südostküste töteten. Es war definitiv keiner der Wandler. Diese flohen, weil ihnen der Mord zur Last gelegt werden sollte. Seither leben sie im Gebirge, nicht weit von der Ortschaft, die Iysenfeld genannt wird. Die Menschen dort wissen von ihnen und treiben sogar Handel.“
Einen Moment sahen die Bruder die Elfe erstaunt an, dann fragte Jason direkt
„Gibt es etwas, was Ihr nicht wisst?“
Wieder lächelte die Priesterin.
„Wenig, wenn es sich um diese Insel handelt. Aber eine Menge wenn es darum geht, die Zwerge zu Euren Verbündeten zu machen. Sie sind zufrieden, wenn sie ihre Ruhe haben und durch edle Metalle und Edelsteine, die sie in den Bergen schürfen, Reichtum anhäufen können.“
„So sagt man, ja.“
Jason schaut bedrückt.
„Also gibt es wohl kaum etwas, was wir tun können, die Zwerge dazu zu bringen, uns beizustehen.“
Seine Worte klangen mehr wie eine Feststellung als eine Frage.
„Verzagt nicht, junger Herr Jason. Möglichkeiten gibt es immer.“
Jason schmunzelte. Mit seinen beinahe 40 Jahren fühlte er sich nicht wie ein junger Mann und diese Worte aus dem Mund einer Frau, die ihm kaum älter als 25 erschien, zu vernehmen, kam ihm seltsam vor. Sandriel erhob sich.
„Wir werden Lomelas aufsuchen. Er ist der Älteste und Weiseste von uns. Er lebt auf Dar'shaseh, der kleinen Insel, die dieser Siedlung vorgelagert ist. Wir werden ihn um Rat fragen.“
„Aber nun solltet Ihr ruhen. Anyndur und Var'nes werden Euch ein Quartier für die Nacht zeigen.“
Bei dem Namen Anyndur war Leon Pierce ein wenig zusammengezuckt. Er schaute den Elfen an und tatsächlich erkannte er ihn als eben den, der vor 18 Jahren den Transport der Hilfsgüter von der Westküste bis zur Residenz gesichert hatte. Er schien seither um keinen Tag gealtert. Anyndur bemerkte Leon's Blick und schmunzelte leicht.
„Folgt uns, wir werden Euch zeigen, wo Ihr ruhen könnt.“
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptySo 6 März 2016 - 11:41

Gemessenen Schrittes gingen die beiden Elfen vor. Die Brüder folgten ihnen durch die Siedlung, bis sie an einen kleinen See kamen, aus dessen Mitte ein gigantischer Baum



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herausragte. Über den See führte eine schmale, hölzerne Brücke, die vor dem Baum endete. Ohne in ihrem Schritt zu verhalten, überquerten die Elfen die Brücke und die Männer folgten. Sie erkannten einen Eingang in den Baum, keine Tür, nur ein Vorhang aus schwerem, edlen Stoff, der Hintergrund grüngolden mit einem schneeweissen Einhorn als Motiv. Var'nes schob den Vorhang beiseite und bedeutete den Menschen, einzutreten.
Das Innere des Baumes war von den Elfen in Wohnräume umgestaltet worden. Die überraschten Menschen sahen sich um und entdeckten viele kleine Nischen und Räume mit Sitzgelegenheiten und Ruhemöglichkeiten. Auch führten hölzerne Treppen nach oben und unten, so daß man auf den ersten Blick nicht hätte sagen können, über wieviele Etagen sich die Wohnräume erstreckten.
Var'nes und Anyndur wiesen den Männern einen Raum zu. Er war mit Ruhemöbeln ausgestattet und auf einem kleinen Tisch standen eine Obstschale, eine Weinkaraffe und silberne Becher.
„Hier könnt Ihr den Rest der Nacht verbringen. Wir werden Euch dann in den frühen Morgenstunden abholen. Namaarie.“
Die beiden Elfen wandten sich ab.
„Euch auch noch eine gute Nacht und erholsamen Schlaf.“
erwiderte Leon freundlich.
„Diolalle. Vielen Dank.“
Anyndur nickte ihm zu.
„Allerdings benötigen wir Tel'quessir keinen Schlaf.“
Mit diesen Worten verschwanden die Elfen. Leon goss etwas Wein in zwei Becher und hielt einen davon Jason hin.
„Willkommen im Wunderland, kleiner Bruder.“
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptySo 6 März 2016 - 11:42

Die Elfen hatten an einer ihrer Siedlung vorgelagerten Bucht Stege angelegt, an denen kleine Schiffe befestigt waren. Die Schiffe waren aus leichtem Holz, die Segel weiss, am Bug kunstvolle Schnitzereien in Form von Drachenköpfen. Anyndur und Var'nes hatten die beiden Brüder in den frühen Morgenstunden geweckt und sie zu den Gestaden geleitet. Nun bestiegen sie gemeinsam mit der Priesterin und zwei weiblichen Elfen, die wohl deren Gefolgschaft darstellten, eines der Schiffe. Langsam glitt es durch das für diese Jahreszeit ungewöhnlich ruhige Meer und hielt auf eine kleine Insel zu, an der sie bald darauf anlegten und von Bord gingen.
Vom Meer aus hätten Leon und Jason nicht zu sagen vermocht, ob die Insel bewohnt war, denn auch hier fügten sich die Gebäude der Elfen beinahe nahtlos in die Umgebung ein. Die Insel besass ein kleines Waldgebiet, durch welches ihr Weg sie nun führte. Dann endete der Wald abrupt und gab den Blick frei auf ein Felsmassiv. Vögel, die die beiden Menschen nie zuvor gesehen hatten, schwirrten durch die Luft. Von den steilen Felsen stürzte ein Wasserfall hinab in einen kleinen See, an dessen Ufer drei Elfenkinder vergnügt spielten. In der Felswand selbst waren Säulen und Rundbögen erkennbar, offenbar von Elfenhand geschaffen. Eine geschwungene, steinerne Rampe führte hinauf und die Elfen beschritten diese.
Oben angekommen erwartete sie ein weiterer Elf. Ebenfalls schwarzhaarig hatte er sein Haar an beiden Seiten zu je einem Zopf geflochten und diese Zöpfe am Hinterkopf mit einer Spange befestigt. Er trug ein fein gearbeitetes Diadem aus Silber, seine Kleidung bestand aus einer eng anliegenden Jacke aus edlem Stoff, einer ebensolchen Hose und bis an die Knie reichenden Stiefeln aus weichem Leder.




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Er verneigte sich, als er die Ankömmlinge erkannte.
„Uluvathae, Tandril.“
begrüsste Sandriel ihm freundlich.
„Wir sind hergekommen, um mit Lomelas zu sprechen.“
Sie besass die Höflichkeit, in Anwesenheit der Menschen in der Handelssprache zu sprechen.
„Uluvathae.“
Tandril nickte kurz.
„Ich werde ihm vom Eurer Ankunft berichten. Folgt mir.“
Er führte die kleine Gruppe über eine Steinveranda und durch einen kurzen Säulengang in einen kleinen Raum und bedeutete ihnen, auf den sich darin befindlichen Bänken Platz zu nehmen.
Leon und Jason sahen sich neugierig um. Sie entdeckten einige Regale, voll mit Büchern und Schriftrollen, einen grossen Schreibtisch mit einen kunstvoll gearbeiteten Stuhl davor. Auch hier gab es einen Tisch, auf welchem Schalen mit Obst, Karaffen und Becher standen. Die Wände zierten Gemälde, viele davon stellten Kampfszenen dar. Leon hob erstaunt die Brauen, Sandriel, die das wohl bemerkte, meine lächelnd
„Auch wenn viele anders denken, war und ist die Geschichte unseres Volkes keineswegs immer eine friedliche.“
Leon wurde einer Antwort enthoben, als Tandril in Begleitung eines anderen Elfen zurückkehrte. Auch er trug eine enge Jacke aus brokatartigem Stoff und ein Diadem im Haar. Seine Ähnlichkeit mit Tandril war unverkennbar, nur war sein dunkles Haar von silbernen Fäden durchzogen. Als er näher kam, konnte man feine Linien um seine Augen und seinen Mund erkennen. Leon hätte ihn gleichaltrig mit sich selbst geschätzt, Anfang 40, doch war ihm klar, daß er mit einer solchen Schätzung komplett falsch gelegen hätte.
Die Anwesenden erhoben sich und verneigten sich respektvoll. Die Brüder Pierce taten es ihnen nach. Erst als der ältere Elf sich hinsetzte, nahmen die anderen ihre Plätze auf den Steinbänken wieder ein. Auch Tandril nutzte die Handelssprache als er fragte, was er zu trinken einschenken dürfte. Allgemein fiel die Wahl auf Wein und er goss die goldfarbene Flüssigkeit in verzierte Silberbecher ein. Erst als jeder einen Schluck getrunken hatte, fragte Lomelas nach dem Grund des Besuches.
Sandriel erklärte es ihm in kurzen Worten, während die anderen schweigend lauschten. Als sie ihren Bericht beendet hatte, lehnte der ältere Elf sich zurück und nickte nachdenklich, bevor er zu sprechen begann.
„Die Bewohner des Gebirges waren niemals Freunde. Speziell besteht zwischen Riesen und Zwergen eine uralte Feindschaft. Als unser Volk diese Insel erreichte und beschloss, sich hier niederzulassen, gab es eine Binge hoch oben im Norden. Wir nahmen niemals Kontakt zu den Zwergen auf, auch zwischen unseren Völkern besteht nicht das beste Einvernehmen.“
Sein Blick richtete sich auf Leon und Jason, die verstehend nickten. Lomelas trank einen kleinen Schluck Wein, bevor er weitersprach.
„Ich war damals noch ein junger Mann und gehörte zu denen, die die Insel durchstreiften auf der Suche nach neuen Erkenntnissen. Eines Tages führte uns unser Weg wieder ins Gebirge, angelockt durch Kampflärm, der weithin zu vernehmen war. Wir hörten weiter dumpfes Grollen aus der Binge. Zuerst nahmen wir an, daß vielleicht ein Drache dafür verantwortlich sein könnte.“






54

Wieder nahmt er seinen Kelch und nippte am Wein. Die beiden Männer sahen ihn mit grossen Augen an.
„Doch dann wurde uns klar, was geschehen sein musste. Offenbar waren Riesen und Zwerge in einen Kampf verwickelt, der sich sowohl in der Binge als auch ausserhalb zutrug. Wir fanden Leichen beider Rassen zwischen den Felsen und wir wussten, daß das Grollen von einstürzenden Mauern und Stegen in der Binge herrührte. Danach vernahmen wir über Jahrhunderte keine Geräusche aus der Binge, die darauf hingedeutet hätten, daß Zwerge dort ihrer Arbeit nachgegangen wären.“
Lomelas unterbrach sich, als Leon hörbar aufseufzte und ein niedergeschlagenen Eindruck machte.
„Nun,“
lächelte er fein,
„lauscht meiner Geschichte bis zu ihrem Ende.“
Leon schaute betreten.
„Verzeiht, Herr.“
Lomelas ging nicht weiter darauf ein, sondern fuhr mit seinen Erzählungen dort.
„Es ist etwa 40 Jahre her, als uns die Späher berichteten, daß die Binge nun wieder bewohnt sein muss. Vermutlich haben sich Zwerge wieder dort eingerichtet und mit dem Wiederaufbau begonnen. Ihr seht also, der Plan Eures jungen Herrschers steht gar nicht auf so tönernen Füssen wie eingangs angenommen.“
schloss der alte Elf und sah zu den beiden Menschen, denen eine gewisse Erleichterung anzusehen war.
„Doch seid gewiss, Zwerge machen nichts umsonst. Was hat der Fürst anzubieten, was die Zwerge interessieren könnte?“
Leon überlegte eine Weile, dann verzog er das Gesicht.
„Sturmbergen ist keine reiche Ortschaft mehr. Die Jahre des Krieges haben die meisten Truhen geleert, da die Menschen vom Festland aus versorgt und auch Söldner bezahlt werden mussten.“
Lomelas wiegte seinen Kopf nachdenklich hin und her.
„Könnt Ihr irgendwelche Schürfrechte anbieten, die für die Zwerge interessant wären?“
wollte Anyndur wissen.
„Es gibt meines Wissens nach eine Goldmine, etwa einen Tagesmarsch von der Ortschaft Iysenfeld entfernt.“
meinte Leon nach einigem Nachdenken.
„Aber ob diese noch ergiebig ist, vermag ich nicht zu sagen.“
Lomelas erhob sich und alle anderen taten es ihm nach.
„So bringt Eure neuen Erkenntnisse zu Eurem Fürsten, beredet mit ihm das weitere Vorgehen. Var'nes und Anyndur werden Euch begleiten. Sie wissen, wo die Binge zu finden ist solltet Ihr Euch entschliessen, mit den Zwergen Kontakt aufzunehmen. Handelt weise. Namaarie.“
Er wechselte noch ein paar Worte mit den anderen Elfen in der Sprache seines Volkes, dann verliess er den Raum, gefolgt von Tandril.
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BeitragThema: Re: Die Vorgeschichte   Die Vorgeschichte EmptySa 12 März 2016 - 13:24

Auch der Rückweg führte die Brüder, nunmehr in Begleitung der beiden Elfen, an der Westküste entlang. Am Abend des 3. Tages nach ihrer Abreise von Dar'shaseh erreichten




55

sie die Residenz.
Sie fanden den jungen Fürsten im grossen Besprechungsraum vor, wo er am Schreibtisch in das Studium von Landkarten und Schriftrollen vertieft war. Martinius war hochgewachsen und überschlank. Derzeit trug er einfache Kleidung aus grober Wolle. Sein leicht gelocktes, dunkelbraunes Haar fiel ihm bis auf die Schultern. Er hob erstaunt die Brauen, als seine beiden Cousins und die Elfen auf den Schreibtisch zukamen. Er stand auf und verneigte sich, Anyndur und Var'nes taten es ihm nach.
„Wir kommen mit Kunde von Lomelas von Dar'shaseh.“
begann Leon das Gespräch.
„Dies sind Anyndur und Var'nes, die er als unsere Begleiter und Ratgeber mitgeschickt hat. Aber besteht vielleicht die Möglichkeit, daß wir eine kleine Mahlzeit zu uns nehmen, bevor wir Dir berichten?“
er zwinkerte seinem Cousin zu.
„Selbstverständlich.“
Martinius klingelte nach einem Bediensteten und als dieser erschien wies er ihn an, etwas Fleisch, Käse und Brot herzurichten. Dann ging er um den Schreibtisch herum auf eine Sitzgruppe zu und bot den Anwesenden dort einen Platz an. Müde liessen Leon und Jason sich nieder. Die beiden Elfen stellten Bögen und Köcher beiseite und legten auch die Waffengurte mit den Schwertern ab. Dann nahmen sie ebenfalls Platz, allerdings war ihnen keine Spur von Müdigkeit anzumerken.
Martinius selbst goss Wein in silberne Kelche und setzte sich dann auch. Es war ihm anzumerken, daß er darauf brannte zu erfahren, mit welcher Kunde seine Cousins zurückgekommen waren, aber er zügelte seine Neugier. Dann erschienen 2 Diener mit Brot, verschiedenen Käsesorten, einer silbernen Platte, auf der kalter Braten gut fingerdick aufgeschnitten angerichtet war und einer Obstschale. Schnell richteten sie für jeden eine Mahlzeit auf ebenfalls silbernen Tellern her und als Martinius dann dankend nickte, zogen sie sich wieder zurück.
Leon und Jason assen hungrig und auch den Elfen schien es zu schmecken. Als Leon sich ein zweites Mal den Teller füllen wollte, bemerkte er den vorwurfsvollen Blick seines Cousins und er schmunzelte.
„Nun gut, das kann warten, bevor Du noch vor Neugier platzt.“
Dann begann er mit seinem Bericht über das, was sie von Lomelas erfahren hatten.

Martinius unterbrach ihn nicht einmal und als er endete, sassen die Männer eine Weile schweigend. Dann stand der junge Fürst auf und holte eine alte Karte herbei. Er schon einfach die leeren Platten und Schalen beiseite, dann breitete er sie auf dem Tisch aus und zeigte auf einen Punkt etwas südöstlich von dort, wo die Ortschaft Iysenfeld eingezeichnet war.
„Hier ist eine Mine markiert.“
Die beiden Brüder und auch die Elfen schauten interessiert.
„Allerdings fand ich bislang keine Hinweise darauf, von wann diese Kennzeichnung stammt. Ich nehme an, daß vieles in den letzten Jahren nicht weiter verfolgt wurde oder aktualisiert.“
„Was schlägst Du also vor?“
wollte Jason wissen.
Martinius dachte nur einen Moment nach bevor er antwortete.





56

„Wir werden die Iysenfelder befragen, was sie über diese Mine wissen und ob sie Anspruch darauf erheben. Falls nicht, haben wir möglicherweise etwas in der Hand, was wir den Zwergen anbieten können. Weiterhin will ich wissen, was es mit diesen geheimnisvollen Wandlern auf sich hat. Wenn es tatsächlich stimmt, daß sie keine Schuld am Tode meiner Ahnin hatten, könnten wir vielleicht wertvolle Verbündete gewissen.“
„Das klingt nach einem Plan.“
Anerkennend sah Jason seinen Cousin an.
„Ich nehme an, Du willst einen Aufbruch nicht auf die lange Bank schieben?“
Das Gesagte klang eher nach einer Feststellung als nach einer Frage und Martinius grinste breit.
„Moment mal.“
Leon hob abwehrend die Hände.
„Ich hoffe, Euch ist bekannt, daß Ihr keinen Spaziergang plant, oder? Im Norden dürfte tiefster Winter herrschen, so eine Exkursion bedarf einiger Vorbereitung.“
„Proviant, dicke Decken und ebensolche Kleidung.“
meinte Martinius leichthin, woraufhin Leon nur den Kopf schüttelte.
„Jason, bitte, bring Deinen Ziehsohn zur Vernunft.“
Als er seinen Bruder ansah, wusste er jedoch, daß er wiederum auf verlorenem Posten stand.
„Wie denkt Ihr darüber?“
Zum ersten Mal wandte Leon sich an die Elfen, die bislang schweigend gegessen und dann der Unterredung gelauscht hatten.
„Nun,“
begann Anyndur
„ich wüste nicht, warum wir unseren Aufbruch lange aufschieben sollten. Wenn wir wirklich abwarten wollen, bis der Winter im Norden vorbei ist, werden wir 5 Monde verlieren. Zeit, in welcher die Bevölkerung Eurer Ortschaft weiteren Angriffen der Riesen ausgesetzt sein könnte.“
Als auch noch Var'nes zustimmend nickte, goss Leon sich schweigend etwas Wein ein und lehnte sich zurück. Martinius stand auf.
„Wir werden den Rest der Nacht mit Schlafen verbringen. Morgen dann können wir in Ruhe entsprechende Ausrüstung zusammenstellen und am darauf folgenden Tag aufbrechen. Würdest Du unseren Gästen bitte ein Schlafgemach zuweisen, Leon?“
wandte er sich an seinen Cousin.
„Elfen schlafen nicht.“
murmelte dieser, stand jedoch auf und machte eine Handbewegung gen der Elfen, ihm zu folgen. Anyndur und Var'nes erhoben sich ebenfalls und nahmen ihre Ausrüstung an sich. Obwohl wohl kaum für seine Augen bestimmt, bekam Leon im Hinausgehen mit, wie sein Bruder dem jungen Fürsten anerkennend auf die Schulter klopfte.
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